Bund und Länder wollen eine sofortige Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 ermöglichen.Hintergrund: Nach derzeitiger Rechtslage können die Anschaffungs-...
Bund und Länder wollen eine sofortige Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 ermöglichen.
Hintergrund: Nach derzeitiger Rechtslage können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter bis zu einem Betrag von 800 Euro netto sofort abgeschrieben werden. Eine Abschreibung über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts über mehrere Jahre ist nicht erforderlich.
Bund Länder-Beschluss: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben der Bund und die Länder am 19.1.2021 beschlossen, eine sofortige Abschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1.1.2021 zu ermöglichen. Damit sollen etwa die Kosten für Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung künftig im Jahr der Anschaffung oder Herstellung steuerlich vollständig berücksichtigt werden können. Hiervon sollen auch diejenigen profitieren, die im Home-Office arbeiten.
Hinweis: Die Umsetzung soll untergesetzlich geregelt und damit schnell verfügbar gemacht werden. Genaue Details zur geplanten Regelung sind derzeit (Stand: 26.1.2021) noch nicht bekannt, über die weitere Entwicklung halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.
Der Gesetzgeber plant, die Abgabefrist für die Steuererklärungen 2019 vom 28.2.2021 auf den 31.8.2021 zu verschieben. Dies betrifft steuerlich vertretene Steuerpflichtige, die also z.B. einen Steuerberater...
Der Gesetzgeber plant, die Abgabefrist für die Steuererklärungen 2019 vom 28.2.2021 auf den 31.8.2021 zu verschieben. Dies betrifft steuerlich vertretene Steuerpflichtige, die also z.B. einen Steuerberater oder Rechtsanwalt mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragt haben. Außerdem soll der Beginn des Verzinsungszeitraums für 2019 vom 1.4.2021 auf den 1.10.2021 verschoben werden.
Hintergrund: An sich müssen Steuerpflichtige, die ihre Steuererklärung durch einen Steuerberater oder anderen Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellen lassen, ihre Steuererklärung 2019 bis zum 28.2.2021 abgeben. Kommt es für 2019 zu einer Nachzahlung oder Erstattung, wird der Nachzahlungs- bzw. Erstattungsbetrag ab dem 1.4.2021 verzinst.
Gesetzentwurf: Die Koalitionsparteien der Bundesregierung, CDU/CSU und SPD, schlagen in einem Gesetzentwurf die Verlängerung der Steuererklärungsfrist für 2019 vor. Im Einzelnen soll Folgendes gelten:
Der bisherige Abgabetermin für steuerlich vertretene Steuerpflichtige soll vom 28.2.2021 auf den 31.8.2021 verschoben werden. Grund hierfür ist die Überlastung der Steuerberater aufgrund der Mitwirkung bei den Anträgen auf Bewilligung von Corona-Hilfen.
Außerdem soll der Verzinsungszeitraum für Nachzahlungen und Erstattungen für 2019, der an sich am 1.4.2021 beginnt, ebenfalls um ein halbes Jahr auf den 1.10.2021 verschoben werden.
Hinweise: Die Verschiebung des Verzinsungszeitraums ist für Steuerpflichtige, die eine Erstattung erwarten, nachteilig, aber für Steuerpflichtige, die nachzahlen müssen, vorteilhaft.
Bereits vor wenigen Wochen hatte das Bundesfinanzministerium eine Fristverlängerung bis zum 31.3.2021 ausgesprochen. Da die Abgabefrist gesetzlich geregelt ist, muss jedoch der Gesetzgeber tätig werden und nicht die Verwaltung. Außerdem war die Fristverlängerung von nur einem Monat zu kurz. Zudem war die Verschiebung des Beginns des Verzinsungszeitraums nicht geregelt.
BT-Drucks. 19/25795, NWB
Der Verkauf von Modelleisenbahnen im Internet, z.B. über eBay, kann zu gewerblichen Einkünften führen, insbesondere wenn der Steuerpflichtige auch noch einen eigenen Internetshop mit Modelleisenbahnen...
Der Verkauf von Modelleisenbahnen im Internet, z.B. über eBay, kann zu gewerblichen Einkünften führen, insbesondere wenn der Steuerpflichtige auch noch einen eigenen Internetshop mit Modelleisenbahnen betreibt. Allerdings kann der Verkauf über eBay auch steuerlich unbeachtlich sein, wenn die bei eBay verkauften Modelleisenbahnen Teil einer privaten Sammlung waren, die nicht dem Betriebsvermögen des eigenen Internetshops zuzurechnen waren.
Hintergrund: Der Verkauf von Gegenständen des Privatvermögens außerhalb der Spekulationsfrist ist nicht steuerbar. Dagegen führt der Verkauf von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zu gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Einkünften.
Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2010 bis 2012 einen Internetshop mit Modelleisenbahnen. Hieraus erzielte er gewerbliche Einkünfte, die nicht streitig waren. Außerdem verkaufte der Kläger über eBay im Zeitraum von 2004 bis 2013 mehr als 2.200 Artikel auf dem Gebiet der Modelleisenbahn. Das Finanzamt sah diese Verkäufe über eBay als steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte an. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit der Begründung, dass die über eBay verkauften Modelleisenbahnen Teil einer privaten Sammlung gewesen seien, die er zur Finanzierung seines im Jahr 2010 eröffneten Internetshops habe verkaufen müssen.
Entscheidungen: Der BFH verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Die vom Kläger aus den Verkäufen über eBay erzielten Erlöse würden zu den gewerblichen Einkünften gehören, wenn die bei eBay verkauften Modelleisenbahnen von Anfang an zum Betriebsvermögen des Internetshops gehört hätten. Sofern die Einkaufspreise für diese Modelleisenbahnen bereits als Betriebsausgaben berücksichtigt worden sein sollten, wären keine weiteren Ausgaben zu berücksichtigen, insbesondere auch keine Einlagewerte, da die Modelleisenbahnen dann nie zum Privatvermögen gehört hätten.
Sollte der Kläger die Modelleisenbahnen hingegen zunächst für seine Privatsammlung erworben und erst später in das Betriebsvermögen seines Internetshops eingelegt haben, wären zwar die Erlöse aus den Verkäufen bei eBay ebenfalls gewerbliche Einnahmen; jedoch wären dann Einlagenwerte für die Einlage in das Betriebsvermögen gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Sollte der Kläger die Modelleisenbahnen nie dem Betriebsvermögen des Internetshops zugeordnet haben, könnte die Verkaufstätigkeit bei eBay gleichwohl als gewerblich anzusehen sein mit der Folge, dass die Einnahmen gewerblich wären und im Gegenzug die Einlagewerte mit Beginn der Tätigkeit bei eBay gewinnmindernd anzusehen seien.
Liegt keine der vorstehend genannten Varianten vor, wäre der Verkauf über eBay einkommensteuerlich bedeutungslos.
Hinweise: Der Kläger wird nun im zweiten Rechtsgang nachweisen müssen, dass die über eBay verkauften Modelleisenbahnen nie dem Betriebsvermögen des Internetshops zuzurechnen waren und dass seine Verkaufstätigkeit bei eBay für sich allein betrachtet nicht als gewerblich einzustufen war.
Da der Verkauf über eBay dieselbe Branche betraf wie sein Internetshop, spricht zwar eine Vermutung dafür, dass auch der Verkauf bei eBay zum Handel des Klägers mit Modelleisenbahnen gehörte. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass es neben dem Betriebsvermögen auch gleichartiges Privatvermögen gibt; es bedarf dann aber einer eindeutigen Trennung der zum Privatvermögen gehörenden Modelleisenbahnen. Auch dies wird das FG zu prüfen haben.
Auch ohne den Internetshop kann eine regelmäßige Tätigkeit bei eBay als gewerblich anzusehen sein, so dass sie steuerpflichtig ist. Der Verkauf einer privaten Sammlung ist allerdings grundsätzlich nicht gewerblich, weil die einzelnen Stücke nicht mit Wiederveräußerungsabsicht erworben worden sind. Anders ist dies, wenn gezielt Gegenstände eingekauft werden, um sie bei eBay mit Gewinn zu verkaufen.
BFH, Urteil vom 17.6.2020 - X R 18/19; NWB
Eine medizinische Telefonberatung durch Arzthelfer in Form eines sog. Gesundheitstelefons kann als medizinische Heilbehandlung umsatzsteuerfrei sein. Voraussetzung ist, dass die telefonische Beratung...
Eine medizinische Telefonberatung durch Arzthelfer in Form eines sog. Gesundheitstelefons kann als medizinische Heilbehandlung umsatzsteuerfrei sein. Voraussetzung ist, dass die telefonische Beratung einen therapeutischen Zweck erfüllt und nicht lediglich auf allgemeine Auskünfte über Erkrankungen oder Therapien oder auf die Vermittlung ärztlicher Kontaktdaten beschränkt ist.
Hintergrund: Nach dem deutschen Gesetz sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei, wenn sie von einem Arzt oder im Rahmen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ausgeübt werden. Auch nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht sind Heilbehandlungen in der Humanmedizin steuerfrei, die durch einen Arzt oder durch den Angehörigen eines arztähnlichen Berufs durchgeführt werden.
Sachverhalte: Die Klägerin ist eine GmbH, die im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sog. Gesundheitstelefon einrichtete. Dabei handelte es sich u.a. um ein telefonisches Patientenbegleitprogramm für chronisch Erkrankte. Die Beratung wurde in zwei Dritteln der Fälle durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte durchgeführt, die überwiegend als sog. Gesundheitscoach ausgebildet waren; in einem Drittel der Fälle wurde ein Facharzt hinzugezogen. Die Klägerin behandelte ihre Umsätze als umsatzsteuerfrei, während das Finanzamt die Umsatzsteuerfreiheit verneinte.
Entscheidungen: Der BFH verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Heilbehandlungen sind Leistungen, die der Diagnose, der Behandlung und ggf. auch der Heilung dienen. Hierzu zählen u.a. Leistungen zum Schutz der Gesundheit, z.B. zur Aufrechterhaltung der Gesundheit.
Die telefonische Beratung eines Patienten ist grundsätzlich eine Heilbehandlung, so dass das hier streitige Patientenbegleitprogramm dem Grunde nach umsatzsteuerfrei ist. Allerdings setzt die Umsatzsteuerfreiheit voraus, dass die Heilbehandlung im Rahmen der Ausübung eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs erbracht wird.
Der Telefonberater müsste also entweder eine entsprechende Berufsqualifikation haben. Es genügt aber auch, wenn die Beratungsleistungen von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, weil die Beratungsleistungen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen worden sind; es ist dann vom Vorliegen eines Befähigungsnachweises auszugehen. Im Streitfall wurden die Kosten zwar von den Krankenkassen erstattet; jedoch ist nicht klar, ob dies darauf beruhte, dass die telefonischen Beratungsleistungen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen worden sind, oder ob es lediglich eine einzelvertragliche Grundlage gab. Dies muss das FG nun aufklären.
Außerdem muss geprüft werden, ob die telefonische Beratung dazu diente, Diagnosen und Therapien zu erläutern; dies wäre eine medizinische Heilbehandlung, die umsatzsteuerfrei sein kann. Anders wäre dies, wenn und soweit sich die Beratung darauf beschränkt hätte, allgemeine Auskünfte über Erkrankungen und Therapien zu erteilen oder Kontaktdaten zu Ärzten zu vermitteln; derart allgemeine Auskünfte wären keine Heilbehandlung und daher nicht umsatzsteuerfrei.
Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der sich ähnlich vage geäußert hat wie jetzt der BFH. Das FG dürfte Schwierigkeiten haben, das Urteil des BFH und die Entscheidung des EuGH umzusetzen. Klar ist nach dem Urteil lediglich, dass auch eine telefonische Beratung eine Heilbehandlung sein kann und dass die Beratung nicht zwingend durch einen Arzt erfolgen muss; dies ist allerdings nichts Neues.
BFH, Urteil vom 23.9.2020 - XI R 6/20 (XI R 19/15); NWB
Bei einem Arbeitnehmer befindet sich die sog. erste Tätigkeitsstätte in derjenigen betrieblichen Einrichtung, der der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich dauerhaft zugeordnet ist und an der er täglich...
Bei einem Arbeitnehmer befindet sich die sog. erste Tätigkeitsstätte in derjenigen betrieblichen Einrichtung, der der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich dauerhaft zugeordnet ist und an der er täglich zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten ausübt, die zu seinem Berufsbild gehören. Bei einem Postzusteller ist dies das Zustellzentrum, bei einem Rettungsassistenten die Rettungswache und bei einem Werksbahn-Lokführer das Streckennetz der Werksbahn. Verpflegungsmehraufwendungen können somit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, weil es an einer mindestens achtstündigen Abwesenheit von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte fehlt.
Hintergrund: Die Entfernungspauschale und die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen hängen u.a. davon ab, ob und wo der Arbeitnehmer eine sog. erste Tätigkeitsstätte hat. Für Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte kann nämlich nur die Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Und Verpflegungsmehraufwendungen werden nur dann steuerlich anerkannt, wenn der Arbeitnehmer mindestens acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte entfernt tätig wird.
Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über vier Fälle entscheiden, in denen es zweimal um einen Postzusteller und jeweils einmal um einen Rettungsassistenten und um einen Werksbahn-Lokführer ging. Die beiden Postzusteller waren jeweils einem Zustellzentrum zugeordnet, das sie morgens aufsuchten und an dem sie verschiedene Sortiertätigkeiten und Abrechnungen durchführten, bevor sie die Briefe austrugen. Der Rettungsassistent war einer Rettungswache zugeordnet und überprüfte dort morgens die Sauberkeit und Ausstattung des Rettungswagens, um anschließend zu Rettungseinsätzen zu fahren. Der Werksbahn-Lokführer fuhr auf einem Eisenbahnnetz der Werksbahn, das sich über mehrere Gemeinden erstreckte. Alle Kläger machten Verpflegungsmehraufwendungen geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidungen: Der BFH wies die Klagen ab:
Keiner der Kläger war mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend. Die erste Tätigkeitsstätte war bei den Postzustellern das Zustellzentrum, bei dem Rettungsassistenten die Rettungswache und bei dem Werksbahn-Lokführer das Streckennetz der Werksbahn.
Die erste Tätigkeitsstätte ist diejenige betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich zugeordnet ist und an der er arbeitstäglich zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringen muss, die seinem Berufsbild entsprechen.
Die Postzusteller waren dem Zustellzentrum zugeordnet, der Rettungsassistent der Rettungswache und der Lokführer der Werksbahn.
Die Postzusteller und der Rettungsassistent waren zwar überwiegend außerhalb ihrer ersten Tätigkeitsstätte tätig, indem sie Briefe austrugen oder Rettungseinsätze fuhren; sie erledigten an ihrer Tätigkeitsstätte aber arbeitstäglich zumindest in geringem Umfang Arbeiten, die zu ihrem Berufsbild passten: Die Postzusteller sortierten bestimmte Briefsendungen vor und rechneten ab, während der Rettungsassistent das Rettungsfahrzeug vorbereitete und überprüfte.
Der Lokführer hingegen verließ seine erste Tätigkeitsstätte nicht, weil er den gesamten Arbeitstag auf dem Streckennetz der Werksbahn verbrachte.
Hinweise: Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1.1.2014 das steuerliche Reisekostenrecht geändert. Die aktuellen Fälle betreffen die neue Rechtslage. Dem BFH zufolge kommt es nicht mehr darauf an, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers (Postzusteller, Rettungsassistent) nicht in der ersten Tätigkeitsstätte liegt, sondern außerhalb erfolgt, nämlich beim Austragen der Briefe bzw. bei den Rettungseinsätzen.
Der BFH sieht auch ein großflächiges Gelände wie ein Streckennetz einer Werksbahn als erste Tätigkeitsstätte an und vergleicht dieses mit einem Werksgelände. Allerdings lässt sich dieses Urteil nicht auf einen Lokführer der Deutschen Bahn übertragen. Denn eine erste Tätigkeitsstätte muss eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein; die Schienenwege öffentlicher Betreiber sind aber für jedermann zugänglich und daher nicht mit einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers vergleichbar.
Vergleichbare Entscheidungen zur neuen Rechtslage hat der BFH zu einem Streifenpolizisten und zu einem Piloten getroffen: Beim Streifenpolizisten ist die Polizeiwache die erste Tätigkeitsstätte und beim Piloten ist dies der Flughafen, dem er zugeordnet ist, sofern dort der Arbeitgeber über betriebliche Räume verfügt.
BFH, Urteile vom 1.10.2020 - VI R 36/18 (Werksbahn-Lokomotivführer), und vom 30.9.2020 - VI R 10/19 und VI R 12/19 (Postzusteller) sowie VI R 11/19 (Sanitäter); NWB
Zwar darf das Finanzamt an Dritte ein sog. Auskunftsersuchen richten. Ein derartiges Auskunftsersuchen setzt u.a. aber voraus, dass die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum...
Zwar darf das Finanzamt an Dritte ein sog. Auskunftsersuchen richten. Ein derartiges Auskunftsersuchen setzt u.a. aber voraus, dass die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Für die Prüfung der fehlenden Erfolgsaussicht müssen der Ermittlungszweck und das potenzielle Ermittlungsergebnis erkennbar sein. Insbesondere muss deutlich werden, ob es um die Ermittlung des Sachverhalts beim Steuerpflichtigen oder bei anderen Personen geht.
Hintergrund: Im Steuerrecht muss der Steuerpflichtige grundsätzlich Auskunft erteilen. Das Finanzamt kann aber auch Dritte zur Erteilung einer Auskunft auffordern. Nach dem Gesetz soll der Dritte erst dann zur Auskunft aufgefordert werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.
Sachverhalt: Der Kläger war Kfz-Gebrauchtwagenhändler. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass die angegebenen Verkäufer der Gebrauchtwagen nicht als Halter der Kfz registriert waren. Kfz-Briefe waren nicht vorhanden. Die Prüferin richtete in 21 Fällen Auskunftsersuchen an die letzten Halter, um die Lieferbeziehungen bezüglich der Kfz aufzuklären. In den genannten 21 Fällen handelte es sich um handgeschriebene Kaufverträge, um auffällige Fälle (z.B. abweichender Kilometerstand) oder um Kfz-Verkäufe durch die Ehefrau des Klägers. Der Kläger war zuvor nicht um Auskunft gebeten worden. Der Kläger beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auskunftsersuchen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück:
Ein Auskunftsersuchen setzt voraus, dass die Aufklärung des Sachverhalts durch den Steuerpflichtigen (Kläger) nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige nicht mitgewirkt hat oder eine Mitwirkung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Um die Erfolglosigkeit der Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen beurteilen zu können, bedarf es eines klar umrissenen und für die Besteuerung des Steuerpflichtigen erheblichen Sachverhalts. Es muss also klar sein, was das Ziel der Sachaufklärung des Finanzamts sein soll. Hierzu muss das Finanzamt den Ermittlungszweck und das potenzielle Ermittlungsergebnis so umreißen, dass die Erfolgsaussichten für eine Mitwirkung des Steuerpflichtigen eingeschätzt werden können.
Im Streitfall blieb unklar, ob die Sachverhaltsaufklärung den Kläger oder aber die Zwischenhändler betreffen sollte. Außerdem ist nicht klar, weshalb der Kläger zum Sachverhalt nicht vorab befragt werden konnte.
Hinweise: Das FG muss nun feststellen, welchen konkreten Ermittlungszweck das Finanzamt verfolgte, so dass es eine Prognose zur fehlenden Erfolgsaussicht treffen kann.
Ausnahmsweise kann auch ein atypischer Fall vorliegen, so dass der Kläger nicht vorab befragt werden muss. In diesem Fall dürfte zuerst der letzte Halter des Kfz befragt werden. Allerdings ist hierbei die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Der BFH hat sich im konkreten Fall nicht dazu geäußert, wann ein atypischer Fall anzunehmen ist.
Der Steuerpflichtige soll deshalb vorab befragt werden, bevor das Auskunftsersuchen an den Dritten gerichtet wird, weil der Dritte mit dem Auskunftsersuchen Einblick in die Verhältnisse des Steuerpflichtigen erhält und weil ein Auskunftsersuchen den impliziten Vorwurf beinhaltet, dass der Steuerpflichtige im Besteuerungsverfahren nicht mitgewirkt hat.
BFH, Urteil vom 28.10.2020 - X R 37/18; NWB
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Die Antragsfrist für die Überbrückungshilfe II wurde bis zum 31.3.2021 verlängert. Die Frist für die November- und Dezemberhilfe wurde einheitlich bis zum 30.4.2021 verlängert.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) verlängert aufgrund der Corona-Krise den Schutz der Steuerzahler bei Steuernachzahlungen, Vorauszahlungen und Vollstreckung. Steuerpflichtige, die von der Corona-Krise betroffen...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) verlängert aufgrund der Corona-Krise den Schutz der Steuerzahler bei Steuernachzahlungen, Vorauszahlungen und Vollstreckung. Steuerpflichtige, die von der Corona-Krise betroffen sind, erhalten auf Antrag Stundung, können ihre Vorauszahlungen anpassen und auf Antrag Vollstreckungsschutz erlangen.
Hintergrund: Das BMF hatte im März letzten Jahres Erleichterungen bei Steuernachzahlungen und Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen gewährt. Diese Erleichterungen waren bis zum 31.12.2020 befristet.
Aktuelles Schreiben des BMF: Mit seinem aktuellen Schreiben verlängert und modifiziert das BMF die im März eingeräumten Erleichterungen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Die Erleichterungen gelten für Steuerpflichtige, die unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen sind.
Stundung: Steuern, die bis zum 31.3.2021 fällig werden, können bis zum 30.6.2021 zinsfrei gestundet werden, wenn bis zum 31.3.2021 ein entsprechender Antrag gestellt wird. An die Begründung des Stundungsantrags sind keine hohen Anforderungen zu stellen, und der Antrag ist nicht wegen fehlenden Nachweises des Werts der entstandenen Schäden abzulehnen.
Hinweis: Die Stundung kann bis zum 31.12.2021 verlängert werden, wenn eine Ratenzahlung vereinbart wird.
Vollstreckungsschutz: Auf Mitteilung des Vollstreckungsschuldners wird Vollstreckungsaufschub bis zum 30.6.2021 für Steuern gewährt, die bis zum 31.3.2021 fällig sind. Die Säumniszuschläge, die bis zum 30.6.2021 entstehen, sind grundsätzlich zu erlassen.
Hinweis: Wird eine Ratenzahlung vereinbart, ist eine Verlängerung des Vollstreckungsaufschubs bis zum 31.12.2021 möglich.
Vorauszahlungen: Steuerpflichtige können einen Antrag auf Anpassung der Einkommen- und Gewerbesteuervorauszahlungen für 2021 stellen. An die Begründung des Antrags sind keine strengen Anforderungen zu stellen.
Hinweise: Eine Definition, wann man unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen ist, fehlt in dem Schreiben des BMF. Hier wird man aber keine strengen Anforderungen stellen müssen, so dass z.B. der Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer von Corona besonders betroffenen Branche (z.B. Restaurant, Messebau, Tourismusunternehmen) oder auf Beschränkungen des Betriebs aufgrund der Corona-Maßnahmen (z.B. Kurzarbeit) genügen müsste.
Ist der Steuerpflichtige nicht unmittelbar und auch nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen, kann nach allgemeinen Grundsätzen eine Stundung oder Vollstreckungsschutz beantragt werden. Hier sind dann aber die üblichen, d.h. strengeren Nachweispflichten zu erfüllen.
BMF-Schreiben vom 22.12.2020 - IV A 3 - S 0336/20/10001 :025; NWB
Die Auszahlung des Rückkaufswerts aus einer Pensionskasse...
Die Auszahlung des Rückkaufswerts aus einer Pensionskasse kann eine sog. Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sein, für die eine Steuerermäßigung gewährt wird. Voraussetzung ist zum einen, dass die Beiträge in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten gezahlt wurden. Zum anderen muss die Einmalauszahlung außerordentlich, d.h. atypisch sein.
Hintergrund: Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten werden als sog. außerordentliche Einkünfte ermäßigt besteuert, weil es aufgrund der Zusammenballung der Vergütung, die auf einen Schlag für mehrere Jahre Tätigkeit gezahlt wird, zu einem höheren Steuersatz kommt. Die Steuerermäßigung erfolgt durch Anwendung der sog. Fünftelregelung, bei der die steuerliche Progression nur auf 1/5 der Vergütung angewendet und die sich danach ergebende Steuer verfünffacht wird.
Sachverhalt: Der Kläger war im Streitjahr 2016 Arbeitnehmer und erhielt von einer Pensionskasse eine Einmalzahlung in Höhe von ca. 25.000 €. Der Kläger hatte in den Jahren 2002 und 2006 zwei Rentenversicherungsverträge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen; die Beiträge hierfür wurden durch eine Bruttoentgeltumwandlung finanziert und waren steuerfrei. Im Jahr 2032 sollten entsprechende Altersrenten ausgezahlt werden. Der Kläger geriet aber 2015 in finanzielle Schwierigkeiten und stellte die beiden Verträge zunächst beitragsfrei. Im Jahr 2016 kündigte der Arbeitgeber auf Wunsch des Klägers die beiden Verträge mit Wirkung zum 1.1.2016. Der Kläger erhielt daraufhin besagte 25.000 €. Das Finanzamt erfasste die Einmalzahlung als sonstige Einkünfte, versagte aber dem Kläger die von ihm geltend gemachte Steuerermäßigung in Gestalt der Fünftelregelung.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Leistungen aus einer Pensionskassenversicherung gehören ebenso wie Leistungen aus einer Direktversicherung zu den sonstigen Einkünften, wenn die Beiträge zuvor steuerfreier Arbeitslohn waren.
Die Einmalzahlung der Pensionskasse könnte eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gewesen sein, für die eine Ermäßigung des Steuertarifs zu gewähren ist:
Die Einmalzahlung stellt grundsätzlich eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar. Die Mehrjährigkeit ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige Beitragszahlungen in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen geleistet hat und sich die Beitragszahlungen über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten erstreckt haben.
Die Einmalzahlung müsste aber auch „außerordentlich“ gewesen sein, da die Tarifermäßigung nur für außerordentliche Einkünfte gewährt wird. Die Einmalzahlung müsste daher im Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch gewesen sein. Ein atypischer Sachverhalt folgt nicht daraus, dass die Kündigung und vorzeitige Auszahlung des Rückkaufswerts dem Zweck der betrieblichen Altersversorgung widerspricht.
Das FG muss nun prüfen, wie viele Versicherungsverträge, die zu Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen führen, seit dem 1.1.2005 (der Beginn der im Streitjahr 2016 gültigen Rechtslage) durch eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder aber vorzeitig durch Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts beendet worden sind. Hierzu wird es ggf. bei Versorgungseinrichtungen oder Verbraucherschutzorganisationen nachfragen müssen. Anschließend kann es dann entscheiden, ob die Einmalzahlung atypisch war.
Hinweis: Die Aufklärung, die das FG leisten muss, dürfte schwierig werden, da es Millionen Versicherungsverträge in Deutschland gibt und ein Zeitraum von elf Jahren zu überprüfen ist. Letztendlich wird dem FG eine statistische Erhebung zugemutet.
Nach der früheren Rechtsprechung (bis 2018) wurden Einkünfte dann als außerordentlich angesehen, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der Einkünfteerzielung entsprach. Im Jahr 2019 hat der BFH seine Rechtsprechung geändert und stellt nunmehr darauf ab, ob die Einmalzahlung, d.h. die Zusammenballung der Einkünfte, in dem betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Ob die Möglichkeit einer Kapitalabfindung im Vertrag von vornherein vorgesehen war, ist allenfalls ein Indiz für einen atypischen Verlauf.
BFH-Urteil vom 6.5.2020 - X R 24/19; NWB
Ein Stipendium, das eine libysche Gastärztin vom libyschen Staat für ihre Facharztweiterbildung in Deutschland erhält, kann zu den sonstigen Einkünften gehören und damit der Einkommensteuer unterliegen....
Ein Stipendium, das eine libysche Gastärztin vom libyschen Staat für ihre Facharztweiterbildung in Deutschland erhält, kann zu den sonstigen Einkünften gehören und damit der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist der Fall, wenn die Weiterbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt, das Stipendium dafür gezahlt wird, dass die Verpflichtungen aus dem Dienstverhältnis erfüllt werden, und das Stipendium die fehlende Entlohnung aus dem Dienstverhältnis ausgleichen soll.
Hintergrund: Zu den steuerbaren sonstigen Einkünften gehören auch wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu einer der übrigen Einkunftsarten wie z.B. zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb gehören. Ausgenommen sind aber wiederkehrende Bezüge, die freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder aber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person bezahlt werden.
Sachverhalt: Die Klägerin ist Libyerin und absolvierte 2014 in Deutschland als sog. Gastärztin eine Facharztweiterbildung, für die sie von dem Krankenhaus, an dem sie tätig war, keine Vergütung erhielt. Die Klägerin erhielt allerdings von der Libyschen Botschaft ein monatliches Stipendium; außerdem übernahm die Botschaft ihre Krankenversicherung. Das Finanzamt sah in den Stipendiumsleistungen steuerbare sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das stattgebende Urteil des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück:
Zwar dürfte es sich bei dem Stipendium nicht um Arbeitslohn gehandelt haben, der auch von dritter Seite gezahlt werden kann. Arbeitslohn von dritter Seite liegt nämlich nicht vor, wenn der Dritte nicht im Interesse des Arbeitgebers zahlt, also die Klinik nicht entlasten will, sondern eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt. Zu diesen Interessen könnte hier die Stärkung des libyschen Gesundheitssystems gehört haben; denn die Klägerin sollte nach ihrer Weiterbildung in Deutschland wieder zurück nach Libyen gehen.
Es ist aber denkbar, dass das Stipendium zu steuerbaren wiederkehrenden Bezügen und damit zu sonstigen Einkünften geführt hat. Wiederkehrende Bezüge liegen vor, wenn Zahlungen aufgrund eines einheitlichen Entschlusses oder Rechtsgrunds wiederholend erbracht werden; die Höhe der Zahlungen muss aber nicht identisch sein. Außerdem muss durch die Zahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gestärkt werden; daher gehören solche regelmäßigen Zahlungen nicht zu den steuerbaren wiederkehrenden Bezügen, die lediglich einen Mehrbedarf des Steuerpflichtigen (z.B. einen eingetretenen Schaden) ausgleichen sollen.
Zwar sind wiederkehrende Bezüge nicht steuerbar, wenn sie freiwillig erbracht werden und der Empfänger keine Gegenleistung erbringt. Im Streitfall ist aber nicht erkennbar, ob die Klägerin eine Gegenleistung erbracht hat. Allein eine etwaige Rückkehrpflicht nach Libyen, eine Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin oder die Pflicht zum Wissenstransfer nach Rückkehr in die Heimat wären zwar nicht als Gegenleistung anzusehen. In Deutschland erfolgt aber die ärztliche Weiterbildung zum Facharzt im Rahmen einer angemessen vergüteten ärztlichen Berufstätigkeit. Daher sind Zahlungen aus einem Stipendium steuerbare wiederkehrende Bezüge, wenn die Weiterbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt, die Leistungen aus dem Stipendium daran anknüpfen, dass die Verpflichtungen aus dem Dienstverhältnis erfüllt werden, und die Leistungen aus dem Stipendium die fehlende Entlohnung aus dem Dienstverhältnis ausgleichen sollen.
Hinweise: Das FG muss nun ermitteln, ob die Klägerin für das Stipendium eine Gegenleistung erbracht hat. Hierzu muss es prüfen, ob die Klägerin gegenüber dem Krankenhaus zur Tätigkeit (Gegenleistung) verpflichtet war oder ob es Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Krankenhaus und Libyen gab, in denen dienstliche Pflichten des Gastarztes festgeschrieben waren. Falls eine Gegenleistung der Klägerin zu bejahen sein sollte, wären auch diejenigen Stipendiumsleistungen steuerbar, die bereits vor Aufnahme der Tätigkeit als Gastarzt im Hinblick auf die demnächst erfolgende Tätigkeit im Krankenhaus bezahlt worden sind.
Unter bestimmten Voraussetzungen können Stipendien steuerfrei sein. Eine dieser Steuerbefreiungen hat der BFH ausgeschlossen, weil sie nur Stipendien zu Ausbildungszwecken steuerfrei stellt; die Klägerin war aber bereits ausgebildet und wollte sich jetzt nur noch fortbilden. Eine andere Steuerbefreiung, die Stipendien aus öffentlichen Mitteln freistellt, könnte hingegen in Betracht kommen; allerdings greift die Steuerfreiheit nicht, wenn der Stipendiat zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist. Die Steuerfreiheit wäre daher nicht zu gewähren, wenn die Klägerin in einem Dienstverhältnis zum Krankenhaus stand und deshalb weisungsgebunden zur Ausübung ärztlicher Betätigung verpflichtet war; dies muss das FG nun ermitteln.
BFH, Urteil vom 8.7.2020 - X R 6/19; NWB
Die Kosten für die Beseitigung eines durch Biber verursachten Schadens an der Terrasse des selbstgenutzten Einfamilienhauses stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Denn Wildtierschäden...
Die Kosten für die Beseitigung eines durch Biber verursachten Schadens an der Terrasse des selbstgenutzten Einfamilienhauses stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Denn Wildtierschäden sind nicht unüblich und daher nicht außergewöhnlich.
Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten oder Schäden infolge einer Naturkatastrophe.
Sachverhalt: Die Kläger bewohnten ein Einfamilienhaus in Nordrhein-Westfalen, das am Rand eines Landschaftsschutzgebiets lag. Im Jahr 2014 beschädigten Biber die Terrasse des Hauses und verursachten einen Schaden in Höhe von ca. 4.000 €, den die Kläger beseitigen ließen. Sie machten die Kosten als außergewöhnliche Belastungen geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Belastungen sind dann außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe nach, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach unüblich sind.
Wildtierschäden sind nicht unüblich, sondern kommen mit einer gewissen Regelmäßigkeit vor und verursachen Kosten für Schäden oder für den Schutz des Eigentums, z.B. für Zäune. Wildtierschäden sind daher nicht mit Schäden aufgrund von Brand oder Hochwasser vergleichbar. Dies gilt auch dann, wenn der Schaden am eigengenutzten Haus entsteht und damit den existenznotwendigen Bereich berührt.
Hinweis: Der BFH verneint im Streitfall außergewöhnliche Belastungen auch für den Fall, dass die Kläger aufgrund naturschutzrechtlicher Regelungen am Schutz ihres Eigentums gehindert gewesen sein sollten. In diesem Fall sei es nicht Aufgabe des Steuerrechts, für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Dies sei Aufgabe des Naturschutzrechts, z.B. durch die Errichtung eines entsprechenden Fonds für einen Schadensausgleich zu sorgen.
BFH, Urteil vom 1.10.2020 - VI R 42/18; NWB
Zwar kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert eines Grundstücks durch ein Gutachten nachweisen. Der Gutachter muss aber die zutreffende Verordnung für die Ermittlung des Werts anwenden;...
Zwar kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert eines Grundstücks durch ein Gutachten nachweisen. Der Gutachter muss aber die zutreffende Verordnung für die Ermittlung des Werts anwenden; dies ist diejenige Verordnung, die am Bewertungsstichtag gültig war. Es kommt also nicht auf die Verordnung an, die bei Erstellung des Gutachtens gültig ist.
Hintergrund: Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer muss der Wert eines vererbten oder verschenkten Grundstücks ermittelt werden. Den vom Finanzamt nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften ermittelten Wert muss der Steuerpflichtige nicht akzeptieren, sondern kann einen niedrigeren gemeinen Wert eines Grundstücks durch ein Sachverständigengutachten nachweisen. Der Gutachter orientiert sich dann am Baugesetzbuch und an den Verordnungen zur Ermittlung des Werts.
Sachverhalt: Der Kläger erbte am 1.6.2009 einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück. Das Finanzamt ermittelte einen Grundbesitzwert von ca. 4,8 Mio. € und legte dabei einen Bodenrichtwert von 5.500 €/m² sowie einen Liegenschaftszinssatz von 5,5 % zugrunde. Der Kläger ließ nacheinander zwei Gutachten erstellen, zuletzt im Jahr 2017 während des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht (FG). Dieser zweite Gutachter gelangte zu einem Verkehrswert von 1,9 Mio. € und stützte sich auf die Immobilienwertermittlungsverordnung, die seit dem 1.7.2010 galt. Das FG wies die Klage ab; hiergegen legte der Kläger Revision ein.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück:
Soll der niedrigere gemeine Wert durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, muss das Gutachten ordnungsgemäß erstellt werden. Hierzu gehört u.a., dass der Gutachter die zutreffende Verordnung zur Ermittlung des Werts zugrunde liegt.
Im Streitfall hat der Gutachter zu Unrecht die Immobilienwertermittlungsverordnung zugrunde gelegt; denn diese galt erst seit dem 1.7.2010. Zwar ist das Gutachten im Jahr 2017 erstellt worden, in dem die Immobilienwertermittlungsverordnung bereits galt. Es kommt aber auf den Zeitpunkt der Bewertung an; dies war der 1.6.2009, als der Kläger erbte. Zu diesem Zeitpunkt galt noch die – ähnlich klingende - Wertermittlungsverordnung. Der Gutachter hätte daher die Wertermittlungsverordnung anwenden müssen.
Das FG muss nun dem Kläger Gelegenheit geben, das Gutachten nachbessern zu lassen, indem der Gutachter die Wertermittlungsverordnung anwendet.
Hinweise: Im Streitfall geht es zudem auch noch um den richtigen Bodenrichtwert und um den Liegenschaftszinssatz. Der Bodenrichtwert für den an der Straße liegenden Teil des Grundstücks betrug zwar 5.500 €/m² (sog. Straßenwert); der dahinterliegende Teil des Grundstücks hatte aber einen deutlich niedrigeren Bodenrichtwert von nur 500 €/m² (sog. Platzwert). Hier muss nun das FG entscheiden, in welchem Umfang das Grundstück jeweils dem Straßen- oder Platzwert zuzuordnen ist.
Der Liegenschaftszinssatz ist mit 5,5 % anzusetzen. Geeignete Liegenschaftszinssätze zum Bewertungszeitpunkt, d.h. zum 1.6.2009, sind vom Gutachterausschuss in Berlin, wo das Grundstück lag, nicht veröffentlicht worden. Daher gilt der gesetzliche Liegenschaftszinssatz, der sich bei einem Grundstück, dessen gewerblicher Anteil bis zu 50 % beträgt, auf 5,5 % beläuft. Die Liegenschaftszinssätze 2012 können nicht auf den 1.6.2009 angewendet werden.
BFH, Urteil vom 16.9.2019 - II R 1/18; NWB
Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten von Covid-19-Tests (PCR- und Antikörper-Tests), ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse...
Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten von Covid-19-Tests (PCR- und Antikörper-Tests), ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers auszugehen. Die Kostenübernahme ist kein Arbeitslohn.
BMF, FAQ "Corona" Steuern; NWB
Erhält ein Nachbar, der sich jahrelang um seine über 80-jährige Nachbarin gekümmert hat, von dieser Nachbarin nach acht Jahren einen Geldbetrag, unterliegt die Zahlung nicht der Einkommensteuer,...
Erhält ein Nachbar, der sich jahrelang um seine über 80-jährige Nachbarin gekümmert hat, von dieser Nachbarin nach acht Jahren einen Geldbetrag, unterliegt die Zahlung nicht der Einkommensteuer, weil der Nachbar aus privaten Motiven tätig geworden ist. Allerdings kann es sich um eine Schenkung handeln, die Schenkungsteuer auslöst, falls sie über dem Freibetrag liegt.
Hintergrund: Der Einkommensteuer unterliegen sieben Einkunftsarten, z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder sonstige Einkünfte. Nicht jeder Vermögenszuwachs ist einkommensteuerbar, sondern nur dann, wenn die Tätigkeit unter eine der sieben Einkunftsarten fällt.
Sachverhalt: Der Kläger kümmerte sich seit 2006 um seine damals 81 Jahre alte Nachbarin S, indem er ihre schriftlichen Angelegenheiten erledigte, sie besuchte und gelegentlich auch Haushaltsgegenstände wie z.B. einen Fernseher einkaufte. S erteilte dem Kläger 2006 eine Vorsorgevollmacht und bestimmte den Kläger für den Fall, dass eine rechtliche Betreuung erforderlich werden sollte, zum Betreuer. Im Jahr 2014 traf S mit dem Kläger eine sog. Vergütungsvereinbarung, nach der beide im Jahr 2006 Verträge abgeschlossen hätten und nunmehr eine rückwirkende Vergütung ab 2006 in Höhe von 50 € monatlich und ab 2016 in Höhe von 60 € monatlich für den Kläger vereinbart und gezahlt werde. Der Kläger erhielt daraufhin 5.000 €, die das Finanzamt als selbständige Einkünfte besteuerte, weil der Kläger als Betreuer tätig geworden sei.
Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der Klage statt:
Die Tätigkeit des Klägers für seine Nachbarin S fiel unter keine der sieben Einkunftsarten. Der Kläger erzielte keine selbständigen Einkünfte, da er nicht als Berufsbetreuer tätig war. Steuerlich erfasst werden nämlich nur die vom Betreuungsgericht bestellten Betreuer.
Der Kläger hat auch keine sonstigen Einkünfte erzielt. Hierzu zählt jede Tätigkeit, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und zu einer Gegenleistung führt; es muss sich aber um ein erwerbswirtschaftliches Verhalten handeln.
Nicht zu den sonstigen Einkünften führen Tätigkeiten, die nicht erwerbswirtschaftlich, sondern aus privaten Motiven ausgeübt werden, z.B. im Rahmen einer Lebensgemeinschaft oder zur Unterstützung pflegebedürftiger Angehöriger. Dies war im Streitfall gegeben: Der Kläger und seine Ehefrau kannten die S bereits seit 1972 und waren mit ihr persönlich verbunden. Die Bemühungen des Klägers gingen nicht über das hinaus, was üblicherweise im Rahmen einer guten Nachbarschaft unentgeltlich erledigt wird.
Unschädlich ist, dass es im Streitjahr 2014 zu einer nachträglichen Bezahlung kam. Denn es sind keine konkreten Leistungen erkennbar, für die der Kläger bezahlt worden sein soll. Insbesondere die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung stellen keine zivilrechtlichen Verträge dar, und konkrete Betreuungsleistungen im rechtlichen Sinne sind nicht angefallen.
Hinweise: Das FG hält es für denkbar, dass die Zahlung der 5.000 € eine Schenkung darstellte. Eine Schenkung in dieser Höhe wäre aber steuerfrei, weil sie unter dem Freibetrag von 20.000 € liegt.
Im Übrigen zeigt das Urteil, dass nachbarschaftliche Hilfe ebenso wie freundschaftliche oder familiäre Hilfe nicht zwingend steuerbar ist, auch wenn sich die unterstützte Person später erkenntlich zeigt. Allerdings sollte von "Vergütungsvereinbarungen" Abstand genommen werden, da dies eine – unnötige – Steilvorlage für das Finanzamt ist, weil der Begriff der Vergütungsvereinbarung auf eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit hindeutet.
BFH, Urteil vom 26.6.2019 - 9 K 101/18; NWB
Ab Januar 2021 fällt für rund 90 % der Lohn- und Einkommensteuerzahler, die bisher den Soli gezahlt haben, der Zuschlag komplett weg. Für weitere 6,5 % entfällt er zumindest in Teilen. Zur Berechnung...
Ab Januar 2021 fällt für rund 90 % der Lohn- und Einkommensteuerzahler, die bisher den Soli gezahlt haben, der Zuschlag komplett weg. Für weitere 6,5 % entfällt er zumindest in Teilen. Zur Berechnung der Steuerersparnis stellt das Bundesministerium für Finanzen ein Berechnungsprogramm zur Verfügung.
Mit dem "Soli-Rechner" des Bundesministerium für Finanzen kann ermittelt werden, ob sich durch die stufenweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages eine Steuerersparnis ergibt und wie hoch diese ist.
Berücksichtigt wird dabei:
die Veranlagungsart (Einzelveranlagung oder für Ehegatten die Zusammenveranlagung)
das zu versteuernde Jahreseinkommen nach Abzug von Kinderfreibeträgen. Zur Berechnung des zu versteuernden Jahreseinkommen stellt das Bundesministerium für Finanzen den Lohn- und Einkommensteuerrechner zur Verfügung.
Hinweise: Zum Soli-Rechner gelangen Sie hier. Zum Lohn- und Einkommensteuerrechner gelangen Sie hier.
BMF online; NWB
Ermöglicht der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen verbilligten Zugang zu Fitness-Studios, führt dies zwar grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Sachbezug. Dieser Sachbezug kann aber steuerfrei...
Ermöglicht der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen verbilligten Zugang zu Fitness-Studios, führt dies zwar grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Sachbezug. Dieser Sachbezug kann aber steuerfrei sein, wenn er unter der monatlichen Freigrenze für Sachbezüge in Höhe von 44 € liegt. Dies setzt jedoch voraus, dass der Sachbezug monatlich gewährt wird, indem der Arbeitgeber fortlaufend die Nutzungsmöglichkeit sicherstellt.
Hintergrund: Zum Arbeitslohn gehört nicht nur das Gehalt, sondern auch ein Sachbezug. Der Gesetzgeber gewährt bei Sachbezügen eine monatliche Freigrenze in Höhe von 44 €. Der Sachbezug bleibt also steuerfrei, wenn diese Grenze nicht überschritten wird. Wird die Grenze aber auch nur um einen Cent überschritten, ist der gesamte Sachbezug in diesem Monat steuerpflichtig. Dies unterscheidet eine Freigrenze von einem Freibetrag, der stets abgezogen werden würde.
Sachverhalt: Die Klägerin war Arbeitgeberin und beschäftigte 20 Arbeitnehmer. Sie schloss am 2010 mit einem Fitnessstudio-Betreiber einen Vertrag, der den Arbeitnehmern der Klägerin die Möglichkeit bot, die Fitnessstudios zu nutzen. Hierfür zahlte die Klägerin pro Arbeitnehmer, der an dem Programm teilnehmen wollte, ca. 50 € im Monat. Der jeweilige Arbeitnehmer musste sich mit einem Eigenanteil von 16 € bzw. ab Februar 2014 in Höhe von 20 € beteiligen und diesen an die Klägerin zahlen. Die Klägerin ging davon aus, dass die monatliche Freigrenze für Sachbezüge in Höhe von 44 € nicht überschritten sei und führte keine Lohnsteuer ab. Das Finanzamt sah dies anders und erließ gegenüber der Klägerin einen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid für den Zeitraum 2011 bis 2014.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Zwar stellte die vergünstigt zugewandte Trainingsberechtigung Arbeitslohn dar. Dieser Arbeitslohn lag aber unter der monatlichen Freigrenze für Sachbezüge in Höhe von 44 € und war daher steuerfrei.
Die Klägerin hat die Trainingsberechtigung monatlich gewährt, indem sie die Beiträge an die Fitnessstudio-Kette entrichtet und dadurch fortlaufend sichergestellt hat, dass ihre Arbeitnehmer Zugang zu den Studios erhalten. Die Klägerin hat die Trainingsberechtigung nicht mit einem Mal gewährt; denn die Arbeitnehmer erhielten lediglich einen monatlichen Anspruch gegen ihre Arbeitgeberin, ihr den Zugang zu den Fitnessstudios zur Verfügung zu stellen.
Zwar bekamen die Arbeitnehmer einen Mitgliedsausweis für die Fitnessstudios. Dieser Mitgliedsausweis begründete aber keinen verbrieften Anspruch gegenüber den Fitnessstudios auf Zugang für ein Jahr. Die Zugangsberechtigung ergab sich nur aus der monatlichen Beitragszahlung der Klägerin.
Die Bewertung der Trainingsberechtigung erfolgte in Höhe der Kosten der Klägerin, d.h. in Höhe von 50 € pro Monat und Arbeitnehmer. Zwar ist an sich der übliche Endpreis am Abgabeort als Wert anzusetzen. Dies scheiterte im Streitfall aber daran, dass der Betreiber der Fitnessstudios die Leistung regulären Kunden nicht anbot, sondern nur Unternehmern, die ein bestimmtes Kontingent an Lizenzen erwarben. Daher konnte geschätzt werden und die Kosten der Klägerin zugrunde gelegt werden. Von dem Wert in Höhe von 50 € war der Eigenanteil des jeweiligen Arbeitnehmers in Höhe von 16 € bzw. 20 € abzuziehen, so dass der Wert des Sachbezugs lediglich 34 € bzw. 30 € betrug und die monatliche Freigrenze von 44 € nicht überschritten wurde.
Hinweise: Wäre der BFH zu einem sofortigen Zufluss gelangt, hätte jeder Arbeitnehmer einen Sachbezug im Wert von mehreren Hundert Euro erhalten, so dass die monatliche Freigrenze von 44 € nicht anwendbar gewesen wäre. Zu einem sofortigen Zufluss ist der BFH in einem früheren Fall gelangt, in dem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ein Jobticket zur Verfügung gestellt hat, so dass die Arbeitnehmer einen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Verkehrsunternehmen auf Beförderung erlangt haben. Im aktuellen Streitfall haben die Arbeitnehmer jedoch keinen Anspruch gegen den Betreiber der Fitnessstudios erhalten.
Dem BFH zufolge kam es für die Frage des Zuflusses nicht darauf an, ob die Vereinbarung über die Teilnahme am Firmenfitness-Programm befristet oder unbefristet erfolgt ist und ob die Arbeitnehmer nur zum Ende eines Jahres kündigen konnten.
Die Freigrenze für Sachbezüge wird ab 1.1.2022 von 44 € auf 50 € monatlich erhöht werden.
BFH, Urteil vom 7.7.2020 - VI R 14/18; NWB
Verzichtet ein Unternehmer auf die Kleinunternehmerregelung und führt er Umsatzsteuer ab, ist er an den Verzicht für fünf Jahre gebunden; der Verzicht gilt bis zu einem etwaigen Widerruf. Ein Überschreiten...
Verzichtet ein Unternehmer auf die Kleinunternehmerregelung und führt er Umsatzsteuer ab, ist er an den Verzicht für fünf Jahre gebunden; der Verzicht gilt bis zu einem etwaigen Widerruf. Ein Überschreiten der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer stellt keinen Widerruf dar, so dass bei einem anschließenden Unterschreiten der Umsatzgrenze keine erneute fünfjährige Bindung ausgelöst wird.
Hintergrund: Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer abführen, sind aber auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer liegt bei 22.000 € im Vorjahr (bis einschließlich 2018: 17.500 €) und bei 50.000 € im laufenden Jahr. Der Unternehmer kann aber auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, so dass er Umsatzsteuer abführen muss und vorsteuerabzugsberechtigt ist; er ist dann aber für fünf Jahre an den Verzicht gebunden.
Sachverhalt: Der Kläger eröffnete 2006 ein Unternehmen und verzichtete auf die Kleinunternehmerregelung, so dass er seit 2006 bis einschließlich 2016 Umsatzsteuererklärungen abgab, in denen er Umsatzsteuer erklärte und Vorsteuer geltend machte. In den Jahren 2011 und 2012 überschritt er mit seinen Umsätzen die damalige Umsatzgrenze für Kleinunternehmer von 17.500 €; in den anderen Jahren lagen seine Umsätze aber unter 17.500 €. Im Streitjahr 2017 erklärte der Kläger, nunmehr die Kleinunternehmerregelung anzuwenden und weder Umsatzsteuer abzurechnen noch Vorsteuer geltend zu machen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Kläger im Jahr 2017 kein Kleinunternehmer sein könne, weil die fünfjährige Bindungsfrist im Jahr 2014 neu begonnen habe und daher 2017 noch nicht abgelaufen sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Der Kläger konnte im Veranlagungszeitraum seinen Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung widerrufen und sich nunmehr als Kleinunternehmer besteuern lassen. Er unterlag nicht der fünfjährigen Bindung, die eintritt, wenn man auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet.
Die fünfjährige Bindung an den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung begann im Jahr 2006 und endete mit Ablauf des Jahres 2010. Danach bestand keine Bindung mehr.
Eine erneute Bindung trat nicht dadurch ein, dass der Kläger in den Jahren 2011 und 2012 die Umsatzgrenze von 17.500 € überschritt und daher ohnehin zur Umsatzbesteuerung in den jeweiligen Folgejahren 2012 und 2013 verpflichtet war. Dieser Übergang zur Umsatzbesteuerung stellt keinen sinngemäßen Widerruf des Verzichts dar. Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung blieb somit wirksam, auch wenn er sich in den Jahren 2013 und 2014 nicht auswirkte.
Als der Kläger im Jahr 2014 wieder unter der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer lag, hatte der weiterhin wirksame Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung zur Folge, dass der Kläger seine Umsätze versteuern und Vorsteuern abziehen konnte. Die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2014 stellte also keinen erneuten Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung dar und hatte daher nicht zur Folge, dass eine erneute fünfjährige Bindungsfrist eintrat. Gleiches galt für die Jahre 2015 und 2016.
Hinweis: Hätte der Kläger in den Jahren 2011 und 2012 nicht die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer überschritten, hätte es keinen Streit mit dem Finanzamt gegeben. Das BFH-Urteil ist daher in den Fällen positiv, in denen es während der Dauer eines Verzichts auf die Kleinunternehmerregelung zu einem Überschreiten der Umsatzgrenze kommt. Denn nach der aktuellen Entscheidung führt das anschließende Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht zu einem erneuten Verzicht und daher auch nicht zu einer erneuten fünfjährigen Bindung.
Die fünfjährige Bindungsfrist aufgrund des Verzichts auf die Kleinunternehmerregelung soll Missbräuche verhindern, indem der Kleinunternehmer seine Eingangsumsätze gezielt in ein bestimmtes Jahr verlagert, für dieses Jahr auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, um die Vorsteuer geltend zu machen, und abschließend wieder zur Kleinunternehmerregelung zurückkehrt. Diese sofortige Rückkehr wird durch die fünfjährige Bindung verhindert.
BFH, Urteil vom 23.9.2020 – XI R 34/19; NWB
Ende des Jahres wurde das sog. Jahressteuergesetz 2020 verkündet. Anbei die wesentlichen Regelungen im Überblick:Einführung einer Home-Office-PauschaleMit der Home-Office-Pauschale als Teil...
Ende des Jahres wurde das sog. Jahressteuergesetz 2020 verkündet. Anbei die wesentlichen Regelungen im Überblick:
Einführung einer Home-Office-Pauschale
Mit der Home-Office-Pauschale als Teil des Arbeitnehmer-Pauschbetrags wird für die Jahre 2020 und 2021 eine steuerliche Berücksichtigung der Heimarbeit ermöglicht. Die Neuregelung sieht einen pauschalen Abzug von 5 €/Tag, maximal 600 € im Jahr - das entspricht 120 Heimarbeitstagen - als Betriebsausgaben oder Werbungskosten vor. Die Pauschale wird nur für die Tage gewährt, an denen ausschließlich zu Hause gearbeitet wurde. Fahrtkosten (z.B. Entfernungspauschale) sind für diese Tage grundsätzlich nicht abziehbar; Aufwendungen für eine Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel, wenn diese in Erwartung der Benutzung für den Weg zur Arbeit erworben wurde, sind davon unabhängig abziehbar. Hinweis: Die Home-Office-Pauschale wird auf den Werbungskostenpauschbetrag (1.000 €) angerechnet, also nicht zusätzlich gewährt.
Verlängerung der befristete Steuerbefreiung von Arbeitgeberzuschüssen zum Kurzarbeitergeld
Die durch das Corona-Steuerhilfegesetz eingeführte begrenzte und befristete Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld wird um ein Jahr verlängert. Die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2022 enden.
Aufhebung der befristeten Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende
Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für die Jahre 2020 und 2021 mit der Anhebung auf 4.008 € mehr als verdoppelt. Die Befristung für die Jahre 2020 und 2021 wird aufgehoben, sodass die Erhöhung dauerhaft auch ab dem Jahr 2022 gilt.
Verlängerung der Frist zur Auszahlung des Corona-Bonus an Arbeitnehmer
Die Möglichkeit zur steuerfreien Auszahlung eines Corona-Bonus - zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn - wird bis zum 30.6.2021 verlängert. Weil die steuerfreie Auszahlung zunächst vom 1.3. bis zum 31.12.2020 befristet war, wäre beispielsweise ein erst im ersten Halbjahr 2021 ausgezahlter Pflegebonus nicht mehr steuerbegünstigt gewesen. Hinweis: Die Ausdehnung des Zeitraums führt nicht dazu, dass im ersten Halbjahr 2021 nochmals 1.500 € steuerfrei - zusätzlich zu bereits im Jahr 2020 steuerfreien 1.500 € - ausgezahlt werden dürften. Vielmehr können Arbeitgeber aber motiviert sein, ihren Mitarbeitern nach dem Jahreswechsel erstmals einen Corona-Bonus zukommen zu lassen.
Steuerfreie "Outplacement"- bzw. "Newplacement"-Beratung
Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll oder die ausscheiden werden, können von ihren Arbeitgebern beraten werden, um sich beruflich neu zu orientieren und so eine Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Diese Beratungsleistungen, auch wenn sie von Dritten erbracht werden, sind zukünftig steuerfrei.
Günstig vermieteter Wohnraum
Bei einer verbilligten Überlassung einer Wohnung zu weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete können Vermieter die auf diesen - entgeltlichen - Anteil entfallenden Werbungskosten von den Mieteinnahmen abziehen. Zum 1.1.2021 wird die Grenze für die generelle Aufteilung der Wohnraumüberlassung in einen entgeltlich und in einen unentgeltlich vermieteten Teil auf 50 Prozent der ortsüblichen Miete herabgesetzt. Damit reagiert die Bundesregierung auf die vielerorts steigenden Mieten und das hohe Mietniveau. Vor allem Vermieter, die im Interesse des Fortbestands ihrer oft langjährigen Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig (zulässige) Mieterhöhungen vorzunehmen, können auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung mit Einkünfteerzielungsabsicht von ihren Mieteinnahmen vollumfänglich ihre Werbungskosten abziehen, wenn das Entgelt mindestens 50 Prozent der ortsüblichen Miete beträgt. Hinweis: Für den Grenzbereich zwischen 50 und 66 Prozent der ortsüblichen Miete gibt es gesonderte Regelungen, welche die Prüfung einer Totalüberschussprognose betreffen.
Anhebung der Freigrenze für Sachbezüge ab dem Jahr 2022
Zudem wird die Freigrenze für Sachbezüge ab dem 1.1.2022 von 44 € auf 50 € angehoben.
Neue einheitliche Gewinngrenze und weitere Verbesserungen für Investitionsabzugsbeträge (§ 7g EStG) ab dem Veranlagungszeitraum 2020
Mit Investitionsabzugsbeträgen können unter bestimmten Voraussetzungen Abschreibungen für künftige Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in ein vor dem Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt liegendes Wirtschaftsjahr vorgezogen werden. So wird in dem betreffenden Jahr die Steuerbelastung gemindert. In der Gesamtschau ergibt sich ein Liquiditätsvorteil. Die bislang maßgebenden unterschiedlichen Betriebsgrößengrenzen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme vom Investitionsabzugsbeträgen werden durch eine für alle Einkunftsarten geltende Gewinngrenze von 200.000 € ersetzt. Dadurch profitieren neben Existenzgründern auch viele weitere kleine und mittelständische Unternehmen von der Steuervergünstigung. Die neue einheitliche Gewinngrenze gilt auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g EStG. Darüber hinaus werden die begünstigten Investitionskosten von 40 auf 50 Prozent erhöht und vermietete Wirtschaftsgüter können künftig uneingeschränkt berücksichtigt werden.
Stärkung von Vereinen und des Ehrenamts
Das Gemeinnützigkeitsrecht wird ab 2021 entbürokratisiert und digitalisierbarer ausgestaltet. Konkret werden
der Übungsleiterfreibetrag von 2.400 € auf 3.000 € und
die Ehrenamtspauschale von 720 € auf 840 € erhöht,
der vereinfachte Spendennachweis bis zum Betrag von 300 € ermöglicht (bisher 200 €),
die Einnahmegrenze zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb für gemeinnützige Organisationen auf 45.000 € erhöht,
die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung für kleine Körperschaften abgeschafft und die Mittelweitergabe unter gemeinnützigen Organisationen rechtssicher ausgestaltet sowie
die Zwecke "Klimaschutz", "Freifunk" und "Ortsverschönerung" als gemeinnützig eingestuft.
Das zentrale Zuwendungsempfängerregister beim Bundeszentralamt für Steuern schafft künftig Transparenz in der Gemeinnützigkeit. Öffentlich zugänglich werden damit Informationen darüber, wer sich wo für welche Zwecke einsetzt. Damit können sich sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen gezielt, strukturiert und verlässlich informieren, bevor sie spenden. Gleichzeitig ist das zentrale Register ein Kernelement für die Digitalisierung der Spendenquittung.
Sog. Mehrwertsteuer-Digitalpaket
Zum 1.7.2021 wird die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets umgesetzt. Dieses beinhaltet insbesondere Folgendes:
Änderungen beim Versandhandel an Privatpersonen: Bei Warenlieferungen aus Ländern außerhalb der EU über einen elektronischen Marktplatz wird der Marktplatzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen Steuerschuldner für die im Inland für diese Lieferung anfallende Umsatzsteuer. Aufgrund dessen werden die geltenden Regelungen zur Haftung von Betreibern elektronischer Marktplätze angepasst und die Papierbescheinigung über die steuerliche Erfassung der auf elektronischen Marktplätzen tätigen Händler wird durch die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abgelöst.
die Erweiterung des bestehenden (besonderen) Besteuerungsverfahrens für in der EU ansässige Unternehmer, die bestimmte Dienstleistungen erbringen, auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU (sog. One-Stop-Shop, OSS).
die Ausdehnung des bestehenden (besonderen) Besteuerungsverfahrens für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die bestimmte Dienstleistungen erbringen (sog. ECOM-Verfahren), auf alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU.
die Einführung eines neuen Import-One-Stop-Shops (IOSS) für Fernverkäufe von Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert bis 150 € aus Staaten außerhalb der EU an Privatpersonen in der EU.
die Schaffung einer (optionalen) Sonderregelung (Special Arrangement) ebenfalls für Sendungen mit einem Sachwert bis 150 €, bei denen der IOSS nicht genutzt wird: Die Einfuhrumsatzsteuer für die Einfuhren eines Monats kann dabei durch die Beförderer (Post- bzw. Expresskurierdienstleister) von den Sendungsempfängern erhoben und im Folgemonat gesammelt an die Zollverwaltung entrichtet werden.
die Abschaffung der 22 € Freigrenze bei der Einfuhrumsatzsteuer.
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Telekommunikationsdienstleistungen
Ab dem 1.1.2021 wird der Empfänger von Telekommunikationsdienstleistungen Steuerschuldner der Umsatzsteuer, wenn er ein sog. Wiederverkäufer ist, d.h. wenn er derartige Leistungen üblicherweise einkauft, um sie weiter zu veräußern.
Umsatzsteuerliche Durchschnittssätze in der Landwirtschaft
Europarechtlich besteht die Möglichkeit, auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen insbesondere die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung anzuwenden. Die Europäische Kommission hat Zweifel an der bislang in Deutschland geltenden Umsetzung dieser Möglichkeit. Um Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen zu schaffen und für eine EU-konforme Ausgestaltung wird eine Umsatzgrenze in Höhe von 600.000 € eingefügt, bis zu der von der Pauschalregelung Gebrauch gemacht werden darf.
Internationaler Online-Handel
Weitere Neuregelungen betreffen die Modernisierung des Mehrwertsteuersystems und die Betrugsbekämpfung im grenzüberschreitenden Online-Handel, Anpassungen an aktuelle Steuerrechtsprechung und die Umsetzung von EU-Vorgaben.
JStG 2020, BGBl I 2020 S. 3096, Bundesfinanzministerium online, Meldung v. 28.12.2020; NWB
Das BMF verlängert die Anwendbarkeit seiner aufgrund der Corona-Krise...
Das BMF verlängert die Anwendbarkeit seiner aufgrund der Corona-Krise getroffenen Billigkeitsregelungen im Bereich des Spenden- und Gemeinnützigkeitsbereichs auf den 31.12.2021, d.h. um ein Jahr.
Hintergrund: Im April und Mai 2020 hatte das BMF den Spendenabzug erleichtert, wenn Steuerpflichtige zugunsten Betroffener der Corona-Krise gespendet haben; außerdem hatte es das BMF bei gemeinnützigen Vereinen nicht beanstandet, wenn sie Mittel für Betroffene der Corona-Krise verwendet haben. Diese Maßnahmen waren bis zum 31.12.2020 befristet.
Wesentliche Aussagen im neuen BMF-Schreiben: Das BMF verlängert die zeitliche Anwendung seiner bisherigen Billigkeitsmaßnahmen um ein Jahr auf den 31.12.2021, nimmt zugleich aber auch einige Änderungen vor. Das bedeutet im Einzelnen:
Neu sind die Ausführungen zur Umsatzsteuerfreiheit: Bislang hatte das BMF die Überlassung von Personal, Räumen, Sachmitteln durch gemeinnützige Vereine an Krankenhäuser, Alten- oder Pflegeheime als umsatzsteuerfrei angesehen, wenn die überlassenen Leistungen der Betreuung und Versorgung von Betroffenen der Corona-Krise dienen. Nach dem aktuellen Schreiben gilt die Umsatzsteuerfreiheit nur noch dann, wenn sowohl der leistende Verein als auch Leistungsempfänger Umsätze erbringen, die unter dieselbe Umsatzsteuerbefreiung fallen.
Ebenfalls neu ist die Anerkennung des Vorsteuerabzugs in dem Fall, in dem ein Unternehmer bereits bei Bezug der Eingangsleistungen beabsichtigt, diese Leistungen ausschließlich und unmittelbar Einrichtungen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die sich intensiv der Bekämpfung der Corona-Krise widmen, wie z.B. Krankenhäuser, Arztpraxen, Polizei, Feuerwehr, Pflegedienste, Rettungsdienste etc. Es entsteht dann auch keine Umsatzsteuer, weil eine sog. unentgeltliche Wertabgabe (Entnahme) verneint wird.
Auch im Jahr 2021 genügt für den Spendenabzug als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking), wenn es sich um Spenden auf ein Sonderkonto eines im Bereich der Wohlfahrtspflege tätigen Vereins oder einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt und auf dem Sonderkonto Spenden für Betroffene der Corona-Krise gesammelt werden.
Das BMF beanstandet es auch im Jahr 2021 nicht, wenn gemeinnützige Vereine, deren Zweck nicht die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens oder mildtätiger Zwecke ist, sondern die andere Zwecke verfolgen (z.B. Sport, Kultur), Spenden für Betroffene der Corona-Krise sammeln und für die Betroffenen verwenden. In diesem Fall muss der Verein allerdings die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung grundsätzlich selbst prüfen und dokumentieren. Alternativ kann der Verein die gesammelten Spenden auch an mildtätige Vereine weiterleiten, die dann die Spenden verwenden. Statt der Spenden darf ein gemeinnütziger Verein auch vorhandene Mittel wie Geld, Personal oder Räume zugunsten Betroffener der Corona-Krise einsetzen. Auch Einkaufsdienste oder vergleichbare Dienste für Betroffene der Corona-Krise sind steuerlich unschädlich.
Grundsätzlich steuerlich absetzbar sind auch weiterhin Aufwendungen eines Unternehmers für Betroffene der Corona-Krise, während der Verzicht eines Arbeitnehmers auf einen Teil seines Arbeitslohns zur Steuerfreiheit des entsprechenden Anteils des Arbeitslohns führt, wenn der Arbeitgeber diesen Anteil auf ein Spendenkonto einzahlt, das für Betroffene der Corona-Krise eingesetzt wird.
Hinweis: Die zeitliche Verlängerung hilft insbesondere Spendern und Vereinen, die sich bei der Bekämpfung der Corona-Krise engagieren.
Das BMF-Schreiben enthält keine zeitliche Verlängerung für den Vollstreckungsschutz für alle Steuerpflichtigen, den das BMF bis zum 31.12.2020 gewährt hat. Hier ist derzeit nicht absehbar, ob der bis zum 31.12.2020 gewährte Vollstreckungsschutz noch einmal verlängert wird.
BMF-Schreiben vom 18.12.2020 – IV C A – S 2223/19/10003 :006; NWB
Die Abschlagszahlungen für die außerordentliche Wirtschaftshilfe für den Monat Dezember sind gestartet. Wie bei der außerordentlichen Wirtschaftshilfe für den Monat November können auch bei der...
Die Abschlagszahlungen für die außerordentliche Wirtschaftshilfe für den Monat Dezember sind gestartet. Wie bei der außerordentlichen Wirtschaftshilfe für den Monat November können auch bei der außerordentlichen Wirtschaftshilfe für den Monat Dezember Abschlagszahlungen bis zu einer Höhe von maximal 50.000 € gewährt werden; Soloselbständige können im eigenen Namen Anträge bis maximal 5.000 € stellen.
Hintergrund: Mit der außerordentlichen Wirtschaftshilfe für den Monat Dezember können diejenigen Unternehmerinnen und Unternehmer, die nach den November-Schließungen auch im Dezember weiterhin von Schließungen direkt oder indirekt betroffen sind, auch im Dezember Zuschüsse in Höhe von bis zu 75 % des Vergleichsumsatzes im Jahr 2019 als Beitrag zum Ausgleich der erlittenen Schäden erhalten.
Die außerordentliche Wirtschaftshilfe für den Monat Dezember im Überblick:
Antragsberechtigt sind direkt und indirekt von den temporären Schließungen betroffene Unternehmen entsprechend den Regelungen der Novemberhilfe.
Mit der Dezemberhilfe werden im Grundsatz erneut Zuschüsse von bis zu 75 % des Umsatzes aus Dezember 2019 anteilig für die Anzahl an Tagen der Schließung im Dezember 2020 gewährt. Das europäische Beihilferecht erlaubt eine Förderung von derzeit insgesamt bis zu einer Million Euro ohne konkrete Nachweise eines Schadens. Soweit es der beihilferechtliche Spielraum der betroffenen Unternehmen angesichts schon bislang gewährter Beihilfen zulässt, wird für die allermeisten Unternehmen der Zuschuss in Höhe von bis zu 75 % des Umsatzes des Vorjahresmonats auf dieser Grundlage gezahlt werden können. Zuschüsse zwischen einer und vier Millionen Euro nach der Bundesregelung Fixkostenhilfe wurden von Brüssel genehmigt. Die Bundesregierung setzt sich zudem bei der Europäischen Kommission dafür ein, dass die Höchstbeträge für Kleinbeihilfen und Fixkosten des Temporary Framework deutlich erhöht werden. Für Zuschüsse von über 4 Millionen Euro laufen weitere Abstimmungen mit der Europäischen Kommission, um eine gesonderte Genehmigung auf Basis des Schadensausgleichs des EU-Beihilferechts zu erreichen.
Die Antragstellung erfolgt über die bundesweit einheitliche IT-Plattform der Überbrückungshilfe (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de). Der Antrag wird wie bei der Novemberhilfe über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder andere Dritte erfolgen. Soloselbstständige, die nicht mehr als 5.000 € Förderung beantragen, können die Anträge mit ihrem ELSTER-Zertifikat direkt stellen.
BMWi Pressemitteilung v. 5.1.2020; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Dezember 2020 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2020 können Sie auf der Homepage...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Dezember 2020 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2020 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF-Schreiben vom 4.1.2021 – III C 3 – S 7329/19/10001 :002 (2020/1352411); NWB
Das Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz gibt einen Überblick über wichtige Änderungen im Steuerrecht, die im Jahr 2021 in Kraft treten.Familien Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für...
Das Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz gibt einen Überblick über wichtige Änderungen im Steuerrecht, die im Jahr 2021 in Kraft treten.
Familien
Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes werden um jeweils 288 Euro erhöht. Eltern können dann 8.388 Euro pro Kind steuerlich geltend machen. Das zugehörige Kindergeld steigt ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro im Monat pro Kind. Für die ersten beiden Kinder beträgt es hiernach monatlich je 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro. Ab dem vierten Kind erhalten Eltern jeweils 250 Euro. Außerdem können Alleinerziehende einen Entlastungsbetrag von 4.008 Euro geltend machen, der sich für jedes weitere Kind um 240 Euro erhöht.
Grundfreibetrag
Der Grundfreibetrag steigt um 336 Euro auf 9.744 Euro. So werden bei einem Ledigen erst ab einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 9.744 Euro im Jahr Steuern fällig. Bei Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartnern verdoppelt sich der Betrag auf 19.488 Euro.
Rückführung Solidaritätszuschlag
In einem ersten Schritt werden Steuerzahler mit einem Bruttojahreseinkommen von unter 73.000 Euro vom Solidaritätszuschlag vollständig entlastet. Für höhere Einkommen entfällt der Zuschlag zumindest in Teilen. Erst ab einem Einkommen von rund 109.000 Euro muss der Solidaritätszuschlag in voller Höhe weitergezahlt werden.
Kalte Progression
Die Eckwerte des Einkommensteuertarifs werden verschoben. Dadurch soll die sogenannte „kalte Progression“ ausgeglichen werden. Kalte Progression tritt dann ein, wenn Lohn- und Gehaltssteigerungen lediglich die Inflation ausgleichen, es aber trotzdem wegen der mit höheren Einkommen steigenden Steuersätze zu einer Steuermehrbelastung kommt. Durch die Verschiebung der Tarifeckwerte wird ein Inflationsausgleich in den Einkommensteuertarif eingebaut.
Pauschbeträge für Behinderte
Die Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung werden verdoppelt. Ab einem Behinderungsgrad von 20 können Betroffene einen der Höhe nach vom Grad der Behinderung abhängigen Pauschbetrag geltend machen und müssen die behinderungsbedingten Mehrkosten nicht einzeln nachweisen. Zudem wird eine Fahrkostenpauschale für behinderungsbedingte Fahrten eingeführt.
Homeoffice-Pauschale
In Folge der durch Corona ausgeweiteten Arbeit von zu Hause kann für jeden vollen Arbeitstag im Homeoffice ein pauschaler Betrag von 5 Euro, max. 600 Euro im Jahr, geltend gemacht werden. Das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers ist für die Berücksichtigung der Pauschale nicht erforderlich. Die Homeoffice-Pauschale wird auf den Werbungskostenpauschbetrag von 1.000 Euro angerechnet.
Pendlerpauschale
Für den einfachen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte können ab dem 21. Entfernungskilometer 35 Cent geltend gemacht werden. Für die ersten 20. Kilometer werden unverändert 30 Cent berücksichtigt. Arbeitnehmer, die keine Einkommensteuer zahlen, können für Fahrtwege ab dem 21. Entfernungskilometer beim Finanzamt eine Mobilitätsprämie beantragen.
Altersvorsorgeaufwendungen
Steuerpflichtige können Vorsorgeaufwendungen für das Alter steuerlich besser absetzen, wie zum Beispiel Beiträge zur gesetzlichen Rentenkasse oder zu Versorgungswerken. Bis zu einem Höchstbetrag von 25.787 Euro sind diese als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Maximal können 92 Prozent abgesetzt werden. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, wird von den Vorsorgeaufwendungen der steuerfreie Arbeitgeberanteil abgezogen.
Pflege-Pauschbetrag
Bereits ab Pflegegrad 2 beim zu Pflegenden kann für die häusliche Pflege ein Pflege-Pauschbetrag geltend gemacht werden. Ist die zu pflegende Person hilflos bzw. hat sie Pflegegrad 4 oder 5, wird der Pflege-Pauschbetrag auf 1.800 Euro erhöht.
Unterhalt
Für das Jahr 2020 erhöhen sich die Unterhaltskosten, die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können, um 336 Euro auf maximal 9.744 Euro.
Verbesserung im Bereich des Ehrenamts
Die Übungsleiterpauschale wird auf 3.000 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 840 Euro angehoben. Damit verbunden ist auch eine entsprechende Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen. Ein vereinfachter Spendennachweis ist bis 300 Euro möglich. Für gemeinnützige Körperschaften wurden ebenfalls Verbesserungen beschlossen: Die Grenze, bis zu der diese Gesellschaften Einnahmen aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit steuerfrei erzielen können, wird von 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht. Für kleine Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 Euro wird zudem die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung abgeschafft. Erleichterungen ergeben sich auch bei der Mittelweitergabe an andere Körperschaften für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke. Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird um die Bereiche Klimaschutz, Ortsverschönerung, Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder Orientierung diskriminiert werden, und Freifunk erweitert.
Umsatzsteuer
Zur Stützung des privaten Konsums wurden die Umsatzsteuersätze ab dem 1.7.2020 von 19 % auf 16 % bzw. von 7 % auf 5 % abgesenkt. Diese befristete Steuersatzsenkung läuft zum 31.12.2020 planmäßig aus, so dass ab 1.1.2021 wieder die Steuersätze von 19 % bzw. 7 % gelten.
FinMin Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. 21.12.2020; NWB
Stellt das Finanzamt durch Bescheid einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang...
Stellt das Finanzamt durch Bescheid einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang auf einen bestimmten Zeitpunkt fest, darf es den Bescheid nicht dahingehend ändern, dass es einen neuen Zeitpunkt feststellt. Hält es den Zeitpunkt für falsch, muss es vielmehr den Bescheid aufheben und einen neuen Bescheid erlassen; der Zeitpunkt ist nämlich wichtig für die Wertermittlung des Grundstücks.
Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer entsteht bei der Übertragung von Grundstücken oder bei der Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften. Liegt ein betroffenes Grundstück außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamts, stellt dieses Finanzamt zunächst gesondert fest, dass ein bestimmter Vorgang Grunderwerbsteuer ausgelöst hat, wer als Steuerschuldner in Betracht kommt, um welche Grundstücke es geht und zu welchem Zeitpunkt der Erwerbsvorgang geschehen ist. Anschließend ermittelt das sog. Lagefinanzamt den Wert des Grundstücks.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, an der die B-GmbH zu 1 % und die C-GmbH zu 99 % als Kommanditisten beteiligt waren. Die Komplementär-GmbH war nicht am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt. An der C-GmbH war D bis zum 9.12.2003 zu 16 % beteiligt, anschließend mit 40 %. Im November 2000 erwarb die Klägerin von der C-GmbH ein Grundstück. Im Jahr 2007 fand eine Umstrukturierung statt, bei der zunächst die C-GmbH einen Kommanditanteil an der Klägerin in Höhe von 6 % auf D, ihren Kommanditisten, übertrug. Anschließend wurde die C-GmbH auf die F-GmbH verschmolzen und die Verschmelzung am 20.4.2007 in das Handelsregister eingetragen. Am 23.12.2008 wurde dann bei der KG u.a. der Eintritt des D als Kommanditist in die Klägerin und das Ausscheiden der C-GmbH bei der Klägerin eingetragen.
Das Finanzamt ging davon aus, dass am 23.12.2008 durch die Verschmelzung der C-GmbH auf die F-GmbH und durch den Eintritt des D insgesamt 99 % der Anteile der Klägerin auf neue Gesellschafter übergegangen seien, und stellte mit Bescheid vom 14.8.2009 einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang fest. Im folgenden Klageverfahren änderte das Finanzamt diesen Bescheid am 12.12.2016 und ging nunmehr davon aus, dass am 20.4.2007 die Grunderwerbsteuer ausgelöst worden sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Zwar könnte durch die am 20.4.2007 mit der Eintragung im Handelsregister wirksam gewordene Verschmelzung Grunderwerbsteuer entstanden sein. Es ist aber nicht klar, ob sich der Gesellschafterbestand der Klägerin innerhalb von fünf Jahren zu mindestens 95 % geändert hat.
Der Feststellungsbescheid ist aber in jedem Fall falsch, so dass eine Zurückverweisung an das Finanzgericht nicht erforderlich ist. Denn im ursprünglichen Bescheid vom 14.8.2009 ging das Finanzamt zu Unrecht davon aus, dass die Verschmelzung der C-GmbH am 23.12.2008 erfolgt sei; tatsächlich ist sie aber bereits am 20.4.2007 mit der Eintragung im Handelsregister wirksam geworden. Am 23.12.2008 sind lediglich die Auswirkungen bei der Klägerin im Handelsregister eingetragen worden.
Das Finanzamt durfte diesen Bescheid nicht hinsichtlich des Zeitpunkts ändern, indem es nunmehr den 20.4.2007 als Erwerbszeitpunkt ansetzt. Denn wenn der festgestellte Zeitpunkt nicht richtig ist, muss das Finanzamt den Bescheid aufheben und kann anschließend allenfalls einen neuen Bescheid erlassen. Der Zeitpunkt hat nämlich Bedeutung für den Wert des Grundbesitzes.
Hinweise: Im Streitfall ging es um einen Feststellungsbescheid, mit dem das Finanzamt zunächst nur die Steuerbarkeit eines bestimmten Erwerbsvorgangs feststellt, damit anschließend das sog. Lagefinanzamt, in dessen Zuständigkeitsbezirk sich das betroffene Grundstück befindet, die Wertermittlung durchführen kann. Aber auch bei einem klassischen Grunderwerbsteuerbescheid darf das Finanzamt, wenn es einen anderen Erwerbsvorgang als den im Steuerbescheid genannten Erwerbsvorgang besteuern will, nicht einfach den anderen Erwerbsvorgang zugrunde legen und den Bescheid ändern, sondern es muss den Grunderwerbsteuerbescheid ändern und kann ggf. einen neuen Bescheid erlassen.
Für den Steuerpflichtigen hat dies zum einen den Vorteil, dass er das Verfahren gegen den ursprünglichen Bescheid gewonnen hat und ihm auch etwaige Kosten erstattet werden können; zum anderen kann das Finanzamt einen neuen Bescheid nur erlassen, wenn die Verjährung noch nicht eingetreten ist. Schließlich kann der Wert des Grundstücks bei dem nun geänderten Zeitpunkt niedriger ausfallen.
BFH, Urteil vom 17.6.2020 - II R 18/17; NWB
Zwar setzt die Grunderwerbsteuerbefreiung, die für den Übergang eines...
Zwar setzt die Grunderwerbsteuerbefreiung, die für den Übergang eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf den Gesellschafter im Umfang seiner Beteiligungsquote gewährt wird, voraus, dass der Gesellschafter in den letzten fünf Jahren beteiligt war. Diese Voraussetzung ist aber nicht zu erfüllen, wenn bereits der Betritt des Gesellschafters zur Personengesellschaft grunderwerbsteuerbar war. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Finanzamt anlässlich des Beitritts des Gesellschafters tatsächlich Grunderwerbsteuer festgesetzt hat und ob diese bezahlt worden ist.
Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer entsteht u.a., wenn die Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren zu mindestens 95 % auf neue Gesellschafter übertragen werden.
Wird ein Grundstück von einer Personengesellschaft auf den Gesellschafter übertragen, ist diese Übertragung grunderwerbsteuerfrei, soweit der Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt war. Voraussetzung für die Grunderwerbsteuerfreiheit ist aber, dass der Gesellschafter seit mindestens fünf Jahren beteiligt war.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die durch einen Insolvenzverwalter vertreten wurde. Die Klägerin erwarb durch Vertrag vom 22.2.2010 sämtliche Kommanditanteile an der grundbesitzenden A-GmbH & Co. KG sowie alle Gesellschaftsanteile an deren Komplementärin, der A-GmbH. Der vollständige Anteilserwerb durch die Klägerin war daher grunderwerbsteuerbar, weil mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der A-GmbH & Co. KG, nämlich sogar 100 %, ausgetauscht wurden. Am 30.9.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH & Co. KG eröffnet. Dies hatte nach dem Gesellschaftsvertrag zur Folge, dass die A-GmbH ausschied, so dass das Vermögen der A-GmbH & Co. KG und damit auch der Grundbesitz auf die Klägerin anwuchs.
Das Finanzamt setzte nun zunächst am 24.9.2012 gegenüber der A-GmbH & Co. KG Grunderwerbsteuer aufgrund des Anteilserwerbs der Klägerin vom 22.2.2010 fest. Die A-GmbH & Co. KG zahlte die Grunderwerbsteuer aber nicht, weil die Grunderwerbsteuer nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden war. Am 13.9.2013 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin aufgrund der Anwachsung vom 30.9.2010 fest. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Zwar war die Anwachsung des Vermögens der A-GmbH & Co. KG auf die Klägerin am 30.9.2010 grunderwerbsteuerbar, weil durch die Anwachsung das Eigentum am Grundstück vom Vermögen der A-GmbH & Co. KG auf die Klägerin übergangen ist.
Dieser Eigentumsübergang war aber grunderwerbsteuerfrei, weil die Klägerin zu 100 % am Vermögen der A-GmbH & Co. KG beteiligt war. Nach dem Gesetz bleibt die Übertragung eines Grundstücks von der Personengesellschaft auf den Gesellschafter im Umfang der Beteiligungsquote steuerfrei; dies gilt nach dem Gesetz auch im Fall der Auflösung der Personengesellschaft, wenn hierdurch das Grundstück in das Alleineigentum eines Gesellschafters übergeht.
Zwar setzt die Steuerbefreiung an sich voraus, dass die Beteiligung des Gesellschafters nicht erst in den letzten fünf Jahren begründet worden ist; die Klägerin ist erst am 22.2.2010 und damit ein gutes halbes Jahr vorher Gesellschafterin geworden. Allerdings handelt es sich bei dieser Voraussetzung um eine Missbrauchsverhinderungsvorschrift, die daher nicht anzuwenden ist, wenn bereits der Beteiligungserwerb durch die Klägerin grunderwerbsteuerbar war. Dies war beim Anteilserwerb am 22.2.2010 der Fall, weil die Anteilsgrenze von 95 % erreicht und sogar überschritten worden ist. Damit gab es keinen Grund, die Steuerbefreiung für den Grundstücksübergang auf die Klägerin am 30.9.2010 zu versagen. Unerheblich ist, ob die Grunderwerbsteuer für den Anteilserwerb am 22.2.2010 festgesetzt und bezahlt worden ist.
Hinweise: Der BFH engt die Ausnahme von der Steuerbefreiung nach ihrem Sinn und Zweck ein, d.h. zugunsten der Steuerbefreiung. Der BFH stellt darauf ab, ob gestaltet wurde, d.h. ob die Beteiligung des Gesellschafters innerhalb der letzten fünf Jahre steuerfrei begründet wurde (also unterhalb der 95 %-Grenze), um nunmehr das Grundstück im Umfang der Beteiligung steuerfrei zu erhalten. Im Streitfall war dies nicht zu bejahen, da der Anteilserwerb der Klägerin am 22.2.2010 grunderwerbsteuerbar war. Für die Steuerbefreiung des streitigen, zweiten Erwerbs vom 30.9.2010 ist also auf die Grunderwerbsteuerbarkeit des ersten Erwerbs vom 30.9.2010 abzustellen. Unbeachtlich ist, dass die Erhebung der Grunderwerbsteuer für den ersten Erwerb aus Sicht des Finanzamts nicht erfolgreich war.
Wäre der Anteilserwerb vom 22.2.2010 nicht steuerbar gewesen, weil die Klägerin weniger als 95 % der Anteile erworben hätte, hätte die Klage keinen Erfolg gehabt.
BFH, Urteil vom 25.8.2020 - II R 23/18; NWB
Wird der Kaufpreis aufgrund einer vertraglichen Kaufpreisanpassung nach...
Wird der Kaufpreis aufgrund einer vertraglichen Kaufpreisanpassung nach Ablauf von zwei Jahren herabgesetzt, führt dies nicht zu einer Minderung der Grunderwerbsteuer, da die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist bereits abgelaufen ist. Die vertragliche Kaufpreisanpassung stellt auch keine zivilrechtliche Minderung dar, die auch nach Ablauf von mehr als zwei Jahren zu einer Minderung der Grunderwerbsteuer führen würde.
Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Kaufpreis. Wird der Kaufpreis nachträglich aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung herabgesetzt, führt dies auf Antrag auch zu einer entsprechenden Minderung der Grunderwerbsteuer, wenn die Herabsetzung des Kaufpreises innerhalb von zwei Jahren seit dem Kaufvertrag erfolgt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die mit Kaufvertrag vom 28.10.2008 Ackerland zum Preis von ca. 1 Mio. € erwarb; dieser Vertrag wurde am 1.12.2008 von der Gemeinde genehmigt. Für die erworbene Fläche galten besondere öffentlich-rechtliche Bewertungs- und Kaufpreisanpassungsregeln. Die Klägerin vereinbarte daher mit der Verkäuferin, dass eine gerichtliche Überprüfung des vereinbarten Kaufpreises aufgrund dieser öffentlich-rechtlichen Regelungen erfolgen könne. In der Folgezeit kam es zu einer gerichtlichen Überprüfung des vereinbarten Kaufpreises, und am 15.4.2015 entschied das Landgericht (LG), dass der angemessene Kaufpreis 870.000 € beträgt. Die Verkäuferin zahlte ca. 130.000 € an die Klägerin zurück, die daraufhin die Minderung der Grunderwerbsteuer beantragte. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Die Grunderwerbsteuer ist aufgrund der Bemessungsgrundlage in Höhe des vereinbarten Kaufpreises von 1 Mio. € zutreffend festgesetzt worden.
Zwar wird die Grunderwerbsteuer auf Antrag herabgesetzt, wenn der Kaufpreis nachträglich durch vertragliche Vereinbarung gemindert wird. Dies setzt aber eine vertragliche Minderung innerhalb von zwei Jahren voraus. Die Grunderwerbsteuer war spätestens aufgrund der Genehmigung des Kaufvertrags am 1.12.2008 entstanden; die Minderung des Kaufpreises erfolgte aber erst durch das LG-Urteil am 15.4.2015, also nach mehr als zwei Jahren.
Die Zwei-Jahres-Frist gilt nicht, wenn der Kaufpreis infolge einer Minderung wegen Mangels herabgesetzt wird. Dies setzt einen Mangel des verkauften Grundstücks voraus. Einen solchen Mangel des Grundstücks gab es im Streitfall aber nicht; vielmehr ist die Herabsetzung des Kaufpreises aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Anpassungsverpflichtung erfolgt.
Der Bescheid war auch nicht wegen neuer Tatsachen zu ändern. Denn selbst wenn man in dem Urteil des LG eine neue Tatsache sehen würde, war im Jahr 2015 die vierjährige Verjährungsfrist für Steuerfestsetzungen bereits abgelaufen.
Hinweise: Der BFH lehnt eine analoge Anwendung der Vorschrift, die bei einer zivilrechtlichen Minderung des Kaufpreises wegen Mangels eine Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auch noch nach Ablauf von zwei Jahren ermöglicht, ab. Die Käuferin hatte einen im Kaufvertrag vereinbarten, einseitig durchsetzbaren Anspruch auf Herabsetzung des Kaufpreises; dieser Anspruch ist mit einer Minderung, die wegen eines Mangels geltend gemacht wird, nicht vergleichbar.
Der BFH sieht in der Entscheidung des LG auch kein rückwirkendes Ereignis, das eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids ermöglichen würde. Die Annahme eines rückwirkenden Ereignisses hätte den Vorteil für die Klägerin gehabt, dass damit eine vierjährige Festsetzungsfrist begonnen hätte. Der BFH hat allerdings bereits vor Kurzem entschieden, dass diese Änderungsvorschrift durch die speziellen grunderwerbsteuerlichen Herabsetzungsvorschriften verdrängt wird.
BFH, Urteil vom 22.7.2020 - II R 32/18; NWB
Zwei Tage nach dem Bundestag hat am 18.12.2020 auch der Bundesrat zahlreichen neuen Regeln im Steuerrecht zugestimmt. Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet werden.Hierzu...
Zwei Tage nach dem Bundestag hat am 18.12.2020 auch der Bundesrat zahlreichen neuen Regeln im Steuerrecht zugestimmt. Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet werden.
Hierzu führt der Bundesrat weiter aus:
Der Bundestag hat während seiner Beratungen zahlreiche Forderungen des Bundesrates aus dessen Stellungnahme vom 9.10.2020 aufgegriffen. Dies begrüßen die Länder ausdrücklich.
Pauschale für Homeoffice
So beschloss der Bundestag Erleichterungen für das Arbeiten im Homeoffice: Steuerpflichtige können für jeden Kalendertag der Jahre 2020 und 2021, an dem sie ausschließlich zuhause arbeiten, einen Betrag von fünf Euro geltend machen - maximal 600 Euro. Dies gilt, auch wenn die üblichen Voraussetzungen für den Abzug von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht vorliegen.
Stärkung für das Ehrenamt
Vereine und Ehrenamtliche werden gestärkt - auch dies eine langjährige Forderung des Bundesrates: Die sogenannte Übungsleiterpauschale steigt ab 2021 von 2.400 auf 3.000 Euro, die Ehrenamtspauschale von 720 auf 840 Euro. Bis zu einem Betrag von 300 Euro ist ein vereinfachter Spendennachweis möglich.
Freifunk künftig gemeinnützig
Der Zweckkatalog der Abgabenordnung für gemeinnützige Organisationen wird um die Zwecke Klimaschutz, Freifunk und Ortsverschönerung erweitert - ebenfalls eine Anregung der Länder.
Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld weiter steuerfrei
Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld bleiben bis Ende 2021 steuerfrei. Verbesserungen gibt es zudem für weitere Beihilfen und Unterstützungen, die Beschäftigte aufgrund der Corona-Krise erhalten, z.B. den Pflegebonus: Die bis zum Jahresende befristete Steuerbefreiung für Zahlungen bis 1500 Euro wird bis Juni 2021 verlängert. Damit haben Arbeitgeber mehr Zeit für eine steuerbegünstigte Abwicklung der Corona-Beihilfen.
Entlastung für Alleinerziehende
Ebenfalls verlängert wird die Entlastung für Alleinerziehende in Höhe von 4.008 Euro, die im Zweiten Corona-Steuerhilfe Gesetz befristet eingeführt worden war. Die Befristung wird aufgehoben, so dass die Erhöhung auch ab dem Jahr 2022 fort gilt.
Höhere Sachbezugsgrenze
Auch die steuerfreie Sachbezugsgrenze für alle Beschäftigten erhöht sich ab 2022 von 44 auf 50 Euro. Für sogenannte Sachbezugskarten folgt eine Klarstellung durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums.
Mieterschutz
Bei der Besteuerung von Mieteinnahmen verbessert sich die Regelung für besonders günstig vermieteten Wohnraum: Bisher können Werbungskosten vom Vermieter in diesen Fällen nur dann geltend gemacht werden, wenn die Miete mindestens 60 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt. Diese Grenze sinkt auf 50 Prozent. Damit soll verhindert werden, dass Vermieter aus rein steuerlichen Gründen die Miete erhöhen.
Verlustverrechnung aus Termingeschäften
Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, können künftig bis 20.000 Euro im laufenden Kalenderjahr mit Gewinnen und so genannten Stillhalterprämien verrechnet werden - bisher waren es maximal 10.000 Euro. Nicht verrechnete Verluste könnten auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen verrechnet werden.
Verluste aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter oder der so genannten Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung können mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro im Jahr ausgeglichen werden. Auch hier ist die Übertragung und Verrechnung nicht verrechneter Verluste auf die Folgejahre möglich.
Längere Verjährung für Steuerstraftaten
Bei besonders schwerer Steuerhinterziehung wird die Verjährungsfrist von zehn Jahren auf 15 Jahre verlängert, um den Behörden mehr Zeit für die Aufklärung und Verfolgung komplexen Taten zu geben, zum Beispiel auch die so genannten Cum-Ex-Taten.
Internationaler Online-Handel
Weitere Neuregelungen betreffen die Modernisierung des Mehrwertsteuersystems und die Betrugsbekämpfung im grenzüberschreitenden Online-Handel, Anpassungen an aktuelle Steuerrechtsprechung und die Umsetzung von EU-Vorgaben.
Entlastung für Dach-Solaranlagen gefordert
In einer begleitenden Entschließung bedauert der Bundesrat, dass weitergehende Vorschläge zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Finanzbehörden nicht umgesetzt worden sind, ebenso wenig seine Forderung, kleinere Photovoltaik-Anlagen steuerlich zu unterstützen. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, zeitnah die Steuerbefreiung für neue Solaranlagen auf Dachflächen oder an Gebäuden mit einer Leistung von bis zu 10 kWp einzuführen.
Hinweise:
Nach Unterzeichnung des Bundespräsidenten kann das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet werden und überwiegend am Tag darauf in Kraft treten. Die Entschließung wurde der Bundesregierung zur Entscheidung zugeleitet.
PlenumKOMPAKT, Meldung v. 18.12.2020; NWB
Eine Verbindlichkeit ist nicht gewinnerhöhend aufzulösen, wenn...
Eine Verbindlichkeit ist nicht gewinnerhöhend aufzulösen, wenn eine Rangrücktrittsvereinbarung geschlossen worden ist, die eine Tilgung aus freiem Vermögen vorsieht. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner sein operatives Geschäft eingestellt hat und nur noch sein Betriebsgrundstück vermietet und zudem überschuldet ist.
Hintergrund: Mit einem Rangrücktritt tritt ein Gläubiger gegenüber den anderen Gläubigern im Rang zurück. Ein Rangrücktritt führt grundsätzlich dazu, dass die Verbindlichkeit nicht in einer Überschuldungsbilanz ausgewiesen werden muss, so dass durch einen Rangrücktritt ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermieden werden kann.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Alleingesellschafter der B war. Die Klägerin stellte ihren operativen Geschäftsbetrieb im Jahr 2006 ein und vermietete nunmehr nur noch ihr Betriebsgelände. Im Jahr 2007 war die Klägerin überschuldet und vereinbarte mit B einen Rangrücktritt, nach dem B im Rang hinter die anderen Gläubiger zurücktreten sollte und eine Tilgung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, aus einem Liquidationsüberschuss und aus freiem Vermögen verlangen konnte. Jeweils in den Jahren 2007 und 2008 verzichtete B noch auf einen Teilbetrag der Forderung, nicht aber auf die gesamte Forderung. Im Jahr 2017 nahm die Klägerin ihren operativen Betrieb wieder auf. Das Finanzamt löste die Verbindlichkeit zum 31.12.2008 gewinnerhöhend auf und begründete dies damit, dass die wirtschaftliche Belastung weggefallen sei, weil die Klägerin aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage die Verbindlichkeit nicht mehr erfüllen werde.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Verbindlichkeit war in der Handelsbilanz nicht aufzulösen, so dass die Verbindlichkeit aufgrund des sog. Maßgeblichkeitsgrundsatzes in die Steuerbilanz zu übernehmen war; die Handelsbilanz ist nämlich grundsätzlich maßgeblich für die Steuerbilanz.
In der Handelsbilanz blieb die Verbindlichkeit deshalb stehen, weil die wirtschaftliche Belastung, die mit einer Verbindlichkeit einhergeht, trotz der Überschuldung der Klägerin und der Einstellung ihres operativen Geschäftes bestehen blieb. Handelsrechtlich genügt es für eine Ausbuchung der Verbindlichkeit nicht, dass der Schuldner überschuldet ist.
Auch der Rangrücktritt führte handelsrechtlich nicht zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit. Denn durch den Rangrücktritt hat sich für den B nur die Rangfolge geändert; der Rangrücktritt stellt aber keinen Forderungsverzicht dar. Der B hätte daher – im Rang nach den anderen Gläubigern – eine Tilgung von der Klägerin aus deren freien Vermögen verlangen können, d.h. aus dem Vermögen, das nach Abzug der Schulden verbleibt.
Damit war die Verbindlichkeit sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz zu passivieren. Steuerlich gibt es zwar noch die Besonderheit, dass eine Verbindlichkeit nicht passiviert werden darf, wenn sie nur aus künftigen Gewinnen oder Einnahmen zu bedienen ist. Bei Rangrücktritten greift diese Regelung aber nur, wenn eine Tilgung aus freiem Vermögen ausgeschlossen ist und die Tilgung nur aus künftigen Gewinnen und aus einem künftigen Liquidationsüberschuss zu erfolgen hat. Im Streitfall war die Tilgung aus freiem Vermögen jedoch nicht ausgeschlossen. Unbeachtlich ist, dass die Entstehung freien Vermögens eher unwahrscheinlich war.
Hinweise: Das Urteil ist für die Praxis enorm wichtig, weil der BFH deutlich macht, dass eine Rangrücktrittsvereinbarung in der Handelsbilanz nicht zur Auflösung der Verbindlichkeit führt; dies gilt über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für die Steuerbilanz, so dass eine gewinnerhöhende Auflösung und damit eine Steuererhöhung vermieden werden kann. Diese Klarstellung des BFH war geboten, weil es handelsbilanziell in den letzten Jahren aufgrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs umstritten war, ob Rangrücktrittsverbindlichkeiten gewinnerhöhend aufzulösen sind.
Gerade für wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen ist es zudem wichtig, dass der BFH allein die Überschuldung und wirtschaftlich schlechte Lage des Schuldners nicht für ausreichend hält, eine Verbindlichkeit gewinnerhöhend aufzulösen.
BFH, Urteil vom 13.9.2018 - XI R 32/18; NWB
Studierende können Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen...
Studierende können Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Auslandsemesters als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden.
Sachverhalt: Die Klägerin nahm nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium an einer inländischen Hochschule auf. Die Studienordnung der Hochschule schreibt für den Studiengang vor, dass die Studierenden das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partneruniversität zu absolvieren haben. Während des Auslandsstudiums bleiben die Studierenden an der inländischen Hochschule eingeschrieben. Die Klägerin beantragte für die Zeit des Auslandsstudiums die Anerkennung der dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie der Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten.
Das Finanzamt lehnte dies ab, da die Auslandsuniversität die erste Tätigkeitsstätte der Klägerin sei und daher die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung – vergleichbar einem Arbeitnehmer – nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden könnten. Eine solche liege aber unstreitig nicht vor.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage der Studentin statt:
Sieht die Studienordnung, wie im Fall der Klägerin vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren können bzw. müssen, bleibt die inländische Hochschule, jedenfalls soweit die Studierende dieser auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet bleibt, die erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG.
Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland sind deshalb als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Entsprechendes gilt bei Praxissemestern.
Hinweis: Von dieser Rechtsprechung profitieren allerdings nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder eine Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen. Der Aufwand wird nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirkt sich steuerlich nur aus, wenn die Studierenden im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügen.
BFH, Pressemitteilung v. 3.12.2020 zum Urteil v. 14.5.2020 - VI R 3/18; NWB
Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Verluste sind daher steuerlich anzuerkennen. Dies...
Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Verluste sind daher steuerlich anzuerkennen. Dies gilt auch dann, wenn der erzeugte Strom zu mehr als 50 % für den eigenen Haushalt verwendet wird.
Hintergrund: Verluste werden nur berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige eine sog. Gewinnerzielungsabsicht bzw. Einkünfteerzielungsabsicht hat, also über die voraussichtliche Dauer seiner Tätigkeit einen sog. Totalgewinn erzielen will. Nimmt der Steuerpflichtige die Verluste hingegen aus privaten Gründen hin, spricht man von Liebhaberei; die Verluste werden dann steuerlich nicht anerkannt.
Sachverhalt: Die Kläger, ein Ehepaar, kauften im Jahr 2013 eine Photovoltaikanlage für ihr Einfamilienhaus. Der Preis für die Anlage inklusive Stromspeicher belief sich auf ca. 20.000 €. Der Hersteller gewährte eine Leistungsgarantie von 25 Jahren. In den Jahren 2014 bis 2017 nutzten die Kläger ca. 54 % des erzeugten Stroms für ihren eigenen Haushalt, während sie ca. 46 % gegen Entgelt in das Stromnetz einspeisten. Sie erzielten seit 2013 Verluste, mit Ausnahme des Jahres 2014, in dem der Gewinn aus einer Erstattung der Vorsteuer resultierte. Im Streitjahr 2016 belief sich ihr Verlust auf 261 €, den das Finanzamt wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht anerkannte.
Entscheidung: Das Thüringer Finanzgericht (FG) nahm eine Gewinnerzielungsabsicht an und gab der Klage statt:
Beim Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht. Denn die Verkäufer der Anlagen werben mit Gewinnen, so dass die Kläger hierauf vertraut haben dürften.
Von den Klägern kann nicht verlangt werden, dass sie zunächst ein betriebswirtschaftliches Konzept erstellen, aus dem sich der Totalgewinn ergibt. Es wäre auch übersteigert, von den Klägern die Erstellung eines teuren Sachverständigengutachtens zu verlangen, in dem die Entstehung eines Totalgewinns erläutert wird.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass im Jahr 2013, als die Kläger die Anlage erworben haben, der Strompreis gerade um ca. 9 % gestiegen war. Außerdem haben die Kläger eine höherwertige Anlage erworben, für die eine Garantie von 25 Jahre galt. Daher konnten sie davon ausgehen, dass die Anlage nach dem Ende der steuerlichen Nutzungsdauer noch einen Restwert haben wird.
Private Gründe für den Betrieb der Anlage sind nicht ersichtlich: Die Kläger wollten nicht etwa steuerliche Verluste erzielen, um so eine Steuerersparnis erlangen zu können. Auch war ihr Einkommen (zusammen ca. 90.000 €) nicht so hoch, als dass sie durch die Verluste steuerlich in nennenswertem Umfang entlastet wurden. Zwar wollten die Kläger den Strom für ihren eigenen Haushalt nutzen; dieses Motiv ist im Hinblick auf die erwartete Gewinnerzielung aber unschädlich.
Hinweis: Die Thüringer Richter halten es für übertrieben, dass ein Steuerpflichtiger, der eine kleine Photovoltaikanlage betreibt, aufwendig darlegen muss, weshalb er von einem Totalgewinn ausgeht. Die künftige Strompreisentwicklung ist zudem so unsicher, dass zuverlässige Prognosen über einen Totalgewinn ohnehin nicht möglich sind.
Das FG hatte zwar die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen; das Finanzamt hat die Revision jedoch zurückgenommen, nachdem es die Revision eingelegt hatte. In einem vergleichbaren Fall in Baden-Württemberg hatte das dortige Finanzamt ebenfalls nicht von der Revisionszulassung Gebrauch gemacht. Eine Entscheidung des BFH zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht beim Betrieb einer Photovoltaikanlage ist daher bis auf Weiteres nicht zu erwarten.
Thüringer FG, Urteil vom 11.09.2019 - 3 K 59/18; NWB
Ein ausländischer Unternehmer, der in Deutschland eine Vorsteuervergütung beantragt, muss nicht die eingescannten Originalrechnungen übermitteln, sondern kann auch eingescannte Rechnungskopien übermitteln....
Ein ausländischer Unternehmer, der in Deutschland eine Vorsteuervergütung beantragt, muss nicht die eingescannten Originalrechnungen übermitteln, sondern kann auch eingescannte Rechnungskopien übermitteln. Soweit der deutsche Gesetzgeber die Übermittlung eingescannter Originalrechnungen verlangt, verstößt dies gegen das europäische Umsatzsteuerrecht.
Hintergrund: Ein Unternehmer, der im Ausland ansässig ist, kann die Erstattung (Vergütung) der von ihm in Deutschland bezahlten Vorsteuern beantragen. Hierzu muss er nach dem Gesetz bis zum 30.9. des Folgejahres einen elektronischen Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern stellen und die Rechnungen, aus denen sich der Vorsteuerabzug ergibt, als eingescannte Originale beifügen.
Sachverhalt: Der Kläger war ein belgischer Binnenschiffer, der in Deutschland im Jahr 2015 getankt hatte und aus den Tankrechnungen Vorsteuern im sog. Vorsteuervergütungsverfahren geltend machte. Er stellte den elektronischen Antrag am 27.9.2016, also drei Tage vor Fristablauf, und fügte seinem Antrag die Tankrechnungen in eingescannter Form mit der Aufschrift „Kopie“ bei. Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte den Antrag ab, weil der Kläger nicht die Originalrechnungen in eingescannter Form beigefügt hatte. Erst Anfang 2017 übermittelte der Kläger die eingescannten Originalrechnungen.
Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der Klage statt:
Zwar ist nach dem deutschen Gesetz erforderlich, dass die Originalrechnungen in eingescannter Form bis zum 30.9. des Folgejahres elektronisch übermittelt werden. Dieses Erfordernis erfüllten die eingescannten Rechnungskopien nicht.
Jedoch verstößt der deutsche Gesetzgeber mit seinem Erfordernis, dass die Originalrechnungen eingescannt werden müssen, gegen europäisches Umsatzsteuerrecht. Danach darf der Gesetzgeber des jeweiligen EU-Staates nur verlangen, dass eine Rechnungskopie elektronisch übermittelt wird.
Das deutsche Gesetz ist daher einschränkend auszulegen, so dass die Übermittlung einer eingescannten Rechnungskopie genügt. Diese Voraussetzung hat der Kläger erfüllt.
Hinweise: Dem FG zufolge kommt es nicht darauf an, ob es sich um Rechnungskopien handelt, die der Kläger selbst gefertigt hat oder ob der Kläger vom Rechnungsaussteller eine Kopie – zusätzlich zur Originalrechnung – erhalten hat.
Der Kläger hatte geltend gemacht, dass er die Originalrechnungen nicht einscannen konnte, weil er als Binnenschiffer nach belgischem Recht verpflichtet gewesen sei, die Originalrechnungen bis zum Ende der Fahrt auf seinem Schiff aufzubewahren. Hierauf kam es nun aber nach der Urteilsbegründung nicht an.
Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, die jedoch nicht eingelegt wurde. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.
FG Köln, Urteil vom 16.06.2020 - 2 K 2298/17
Hält ein Steuerpflichtiger bereits mindestens 95 % der Anteile...
Hält ein Steuerpflichtiger bereits mindestens 95 % der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer Anteilserwerb nach der bis zum 6.6.2013 geltenden Rechtslage nicht mehr grunderwerbsteuerbar. Ob eine grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung vorliegt, richtet sich in dem Fall, in dem eine Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft gehalten wird, nach dem Anteil am Vermögen der Personengesellschaft und nicht nach der sachenrechtlichen Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft.
Hintergrund: Der Grunderwerbsteuer unterliegt nicht nur die Übertragung von Grundstücken selbst, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch die Übertragung von Anteilen und Beteiligungen an Gesellschaften, die ihrerseits Grundbesitz halten. Die Übertragung der Beteiligung an einer grundbesitzenden Gesellschaft unterliegt als sog. Anteilsvereinigung der Grunderwerbsteuer, wenn der Erwerber dadurch mindestens 95 % der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar oder – über eine zwischengeschaltete Gesellschaft – mittelbar hält.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die 100 % an der B-GmbH hielt. Die B-GmbH war als Kommanditistin mit 95 % an der grundbesitzenden Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt. Außerdem waren an der KG die G-GmbH als weitere Kommanditistin mit 5 % sowie – als Komplementärin – die A-GmbH beteiligt. Die Klägerin war somit am Vermögen der KG über die B-GmbH mittelbar mit 95 % beteiligt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.8.2011 erwarb die B-GmbH von der G-GmbH die Kommanditbeteiligung von 5 % und war somit alleinige Kommanditistin der KG, d. h. zu 100 % am Vermögen der KG beteiligt. Im selben Vertrag kaufte die Klägerin die Anteile an der A-GmbH (Komplementär-GmbH). Im Ergebnis war damit die Klägerin die Alleingesellschafterin der einzigen Kommanditistin (B-GmbH) sowie Alleingesellschafterin der Komplementärin der KG (A-GmbH) und hielt damit mittelbar 100 % des Kapitals der KG statt wie bisher 95 %. Das Finanzamt sah darin eine mittelbare Anteilsvereinigung und setzte Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt, da der Kaufvertrag vom 30.8.2011 keine Grunderwerbsteuer ausgelöst hat.
Eine grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung setzt voraus, dass der Erwerber der Anteile aufgrund des Anteilskaufs nunmehr mindestens 95 % der Anteile unmittelbar oder mittelbar der grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft hält.
Bei einem mittelbaren Erwerb kommt es darauf an, ob der Erwerber über die zwischengeschaltete Gesellschaft rechtlich begründete Einflussmöglichkeiten auf die grundbesitzende Gesellschaft hat. Das ist dann der Fall, wenn der Erwerber mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft hält und diese ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist.
Bei einer mittelbaren Beteiligung kommt es für die Bestimmung der 95 % auf die Beteiligung am Vermögen an und nicht auf die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Grundbesitz von einer Kapitalgesellschaft gehalten wird und eine Personengesellschaft zwischengeschaltet ist, sondern auch dann, wenn – wie im Streitfall – die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet wird. Der Erwerber muss also mittelbar zu 95 % am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt sein und hierzu mindestens 95 % der Anteile an der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft erlangen. Ob dann noch ein Dritter mit bis zu 4,9 % beteiligt ist, ist unerheblich, weil die sachenrechtliche Betrachtung nicht gilt.
Im Streitfall war die Klägerin bereits vor Abschluss des Kaufvertrags vom 30.8.2011 mittelbar zu 95 % an der grundbesitzenden KG beteiligt, da sie 100 % an der zwischengeschalteten B-GmbH hielt, die ihrerseits zu 95 % an der KG beteiligt war. Damit löste der Kaufvertrag vom 30.8.2011 keine Grunderwerbsteuer mehr aus.
Hinweis: Der BFH hat in der Vergangenheit im Rahmen der Anteilsvereinigung die sog. sachenrechtliche Betrachtungsweise vertreten, die für den Steuerpflichtigen günstig war; denn eine Beteiligung eines Dritten in Höhe von 0 % konnte eine grunderwerbsteuerliche Anteilsvereinigung verhindern. Nachdem der BFH diese Betrachtungsweise zunächst nur für zwischengeschaltete Personengesellschaften aufgegeben hatte, gibt er die sachenrechtliche Betrachtungsweise nun auch für den Fall einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft, die an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, auf.
Das Finanzamt hätte im Streitfall die früheren Anteilskäufe der Klägerin vor dem 30.8.2011 besteuern müssen. Dies hat es aber unterlassen, weil nach der damaligen Rechtsprechung keine Grunderwerbsteuer entstanden wäre. Die Klägerin profitierte im Streitfall also von einer Änderung der Rechtsprechung, die an sich nachteilig für die Steuerpflichtigen war.
Der BFH lässt zwar weiterhin offen, ob die sachenrechtliche Betrachtungsweise auch beim unmittelbaren Erwerb an einer grundbesitzenden Personengesellschaft im Rahmen einer Anteilsvereinigung gilt. Tatsächlich dürfte dies nach der Begründung im aktuellen Urteil zu bejahen sein.
Zu beachten ist, dass das Urteil die Rechtslage bis zum 6.6.2013 betrifft. Am 6.6.2013 wurde der Tatbestand der sog. wirtschaftlichen Anteilsvereinigung eingeführt. Danach kann auch ein weiterer Anteilserwerb grunderwerbsteuerbar sein; allerdings wird dann die bisherige Bemessungsgrundlage angerechnet, so dass "nur" die Wertsteigerung besteuert wird.
BFH, Urteil vom 27.05.2020 - II R 45/17; NWB
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die sog. Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung, die für die Aufteilung eines Kaufpreises auf den Grund und Boden einerseits und auf das Gebäude andererseits verwendet...
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die sog. Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung, die für die Aufteilung eines Kaufpreises auf den Grund und Boden einerseits und auf das Gebäude andererseits verwendet wird, für nicht geeignet. Die Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung darf somit nicht herangezogen werden, wenn einer vertraglichen Aufteilung des Kaufpreises deshalb nicht gefolgt werden kann, weil der sich danach ergebende Wert für den Grund und Boden wesentlich niedriger ist als der Bodenrichtwert. In diesem Fall ist ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken heranzuziehen.
Hintergrund: Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Grundstück, das er betrieblich nutzt oder vermietet, muss er den Kaufpreis auf den Grund und Boden einerseits sowie auf das Gebäude andererseits aufteilen. Nur das Gebäude kann abgeschrieben werden, so dass ein hoher Gebäudeanteil steuerlich vorteilhaft ist. Die Finanzverwaltung hat für die Kaufpreisaufteilung eine sog. Excel-Arbeitshilfe veröffentlicht, die von Steuerpflichtigen für die Aufteilung herangezogen werden kann und die regelmäßig von der Finanzverwaltung verwendet wird. Diese Arbeitshilfe führt aber häufig zu einem hohen Anteil des Grund und Bodens, so dass die Abschreibung auf das Gebäude niedrig ausfällt.
Sachverhalt: Der Kläger erwarb 2017 eine ca. 39 qm große Eigentumswohnung in Berlin, die er vermieten wollte. Der Kaufpreis betrug 110.000 €; dem Vertrag zufolge sollten hiervon 20.000 € auf den Grund und Boden entfallen und 90.000 € auf das Gebäude. Das Finanzamt folgte der vertraglichen Aufteilung nicht, sondern ermittelte anhand der Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung einen Gebäudewert von ca. 36.000 € (statt 90.000 €); der Berechnung lag ein Bodenrichtwert von 1.700 €/qm zugrunde. Hiergegen wehrte sich der Kläger.
Entscheidung: Der BFH verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück, das im ersten Rechtsgang in der Excel-Arbeitshilfe eine geeignete Schätzungshilfe gesehen hatte:
Zwar ist eine vertragliche Aufteilung des Kaufpreises grundsätzlich zu akzeptieren. Dies gilt aber nicht, wenn Zweifel an der Richtigkeit des Aufteilungsmaßstabs bestehen. Im Streitfall bestanden derartige Zweifel, weil der sich nach der vertraglichen Aufteilung ergebende Wert für den Grund und Boden wesentlich niedriger war als der Wert, der sich bei der Anwendung des Bodenrichtwertes ergab, und weil der Kläger diese Wertabweichung nicht mit der besonderen Werthaltigkeit des Gebäudes erklären konnte.
Für die Aufteilung des Kaufpreises kann die Exel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung nicht herangezogen werden. Denn zum einen beruht sie nur auf dem vereinfachten Sachwertverfahren und lässt ein Ertragswertverfahren nicht zu, ohne dies zu begründen. Zum anderen enthält die Arbeitshilfe keinen Orts- oder Regionalisierungsfaktor, so dass Besonderheiten wie besonders hohe Bodenpreise in einem Ballungsgebiet unberücksichtigt bleiben. Gerade bei hochwertigen Objekten und sanierten Altbauten in einer Großstadt könnte es daher zu einem zu hohen Bodenwert kommen.
Die Aufteilung muss durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erfolgen, wenn die vertragliche Aufteilung wirtschaftlich nicht haltbar ist und wenn das Gericht selbst nicht über die nötige Sachkunde verfügt.
Hinweise: Das Urteil hat für die Praxis erhebliche Bedeutung, weil sich die Finanzverwaltung künftig nicht mehr auf die Excel-Arbeitshilfe in der jetzigen Form berufen darf und die Excel-Arbeitshilfe oft nachteilig für die Steuerpflichtigen war.
Offen bleibt aber, wie es weitergeht. Das Finanzamt kann eine neue Arbeitshilfe entwickeln: Dann müssen aber auch regionale Faktoren berücksichtigt werden, und es darf das Ertragswertverfahren nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Das Finanzamt kann sich künftig auch weiterhin eines eigenen Bausachverständigen bedienen. Allerdings hat dessen Gutachten nur die Bedeutung eines sog. Privatgutachtens.
Zu beachten bleibt, dass auch nach dem aktuellen Urteil eine vertragliche Kaufpreisaufteilung grundsätzlich zu beachten ist. Eine wesentliche Abweichung vom Bodenrichtwert kann zwar ein Indiz dafür sein, dass die vertragliche Aufteilung die tatsächlichen Werte nicht angemessen wiedergibt; dieses Indiz kann aber dadurch entkräftet werden, dass der besondere Wert des Gebäudes nachgewiesen wird, z.B. aufgrund der Ausstattungsmerkmale, der Baukosten oder des besonderen Wohnwertes (kein Straßenlärm, soziale Einrichtungen in der Nähe). Allerdings kann das Finanzamt auch darlegen, dass der Grund und Boden besonders wertvoll ist, z.B. wegen einer gepflegten Gartenanlage.
BFH, Urteil v. 21.7.2020 - IX R 26/19; NWB
Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn es sich...
Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn es sich bei der am Tätigkeitsort angemieteten Wohnung um die erste eigene Wohnung des noch jungen Arbeitnehmers handelt und als Erstwohnsitz die elterliche Wohnung angegeben wird. Denn dann verfügt der Arbeitnehmer am Wohnsitz der Eltern nur über sein Kinderzimmer und nicht über einen eigenen Hausstand. Daran ändert auch eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers nichts.
Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines Lebensmittelpunktes arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung anmietet. Seit 2014 verlangt der Gesetzgeber, dass der Arbeitnehmer an seinem Lebensmittelpunkt eine Wohnung innehat und sich an den Kosten der Lebensführung finanziell beteiligt.
Sachverhalt: Die Klägerin schloss im Jahr 2015 ihre Berufsausbildung ab und wurde im Streitjahr 2016 24 Jahre alt. Sie hatte während der Ausbildung bei ihren Eltern in U-Stadt gewohnt. Ende 2015 begann sie für drei Jahre eine Tätigkeit für den Arbeitgeber X in K-Stadt. Sie mietete ab 1.1.2016 in K-Stadt eine 54 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung. Nach eigenen Angaben befand sich ihr Lebensmittelpunkt aber weiter bei ihren Eltern in U-Stadt, an die sie monatlich 200 € zahlte. Die Klägerin machte ca. 10.000 € als Kosten für eine doppelte Haushaltsführung im Jahr 2016 geltend. Das Finanzamt erkannte die doppelte Haushaltsführung nicht an.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) verneinte ebenfalls eine doppelte Haushaltsführung und wies die Klage ab:
Eine doppelte Haushaltsführung setzt u.a. einen eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt voraus. Ist der Arbeitnehmer nicht verheiratet und bewohnt er im Haushalt seiner Eltern ein Zimmer, wird vermutet, dass der Arbeitnehmer keinen eigenen Hausstand unterhält, sondern in den Hausstand der Eltern eingegliedert ist.
Dies gilt auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer finanziell beteiligt. Zwar verlangt der Gesetzgeber seit 2014 für das Vorliegen eines eigenen Hausstands eine finanzielle Beteiligung; daraus folgt aber nicht, dass bereits aufgrund der finanziellen Beteiligung ein eigener Hausstand vorliegt. Der Gesetzgeber wollte lediglich erreichen, dass eine doppelte Haushaltsführung auch ohne Kostenbeteiligung anerkannt wird. Im Streitfall war zudem zu berücksichtigen, dass die Eltern der Klägerin einen Pkw gekauft hatten.
Die Klägerin konnte im Haus ihrer Eltern nur ihr bisheriges Kinderzimmer nutzen. Hingegen stand ihr in K-Stadt eine Zwei-Zimmer-Wohnung zur Verfügung. Unbeachtlich ist, dass ihr Arbeitsvertrag bei X in K-Stadt auf drei Jahre befristet war. Immerhin blieb die Klägerin auch nach Ablauf der drei Jahre in K-Stadt wohnen und zog dort 2019 mit ihrem Freund zusammen.
Hinweis: Das Urteil betrifft die geänderte Rechtslage seit 2014. Das FG macht deutlich, dass die vom Gesetzgeber nunmehr geforderte Kostenbeteiligung allein nicht ausreicht, um einen eigenen Hausstand am Wohnort der Eltern anzunehmen. Die Kostenbeteiligung ist zwar ein gewichtiges Indiz für einen eigenen Hausstand, aber sie allein genügt nicht. Hinzu kam der Verdacht, dass die von der Klägerin gezahlten Kosten von monatlich 200 € von den Eltern dazu verwendet wurden, der Klägerin ein Auto zu kaufen.
Aus dem Urteil darf aber nicht gefolgert werden, dass Kinder generell keinen eigenen Hausstand im Haus ihrer Eltern unterhalten können. Ein eigener Hausstand des Kindes im Haus der Eltern wird insbesondere bei älteren Kindern anerkannt, die wirtschaftlich bereits selbständig sind und wieder zurück zu ihren Eltern ziehen und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung unterhalten; sie müssen sich dann aber auch an den Kosten der Lebensführung beteiligen.
FG Münster, Urteil vom 7.10.2020 - 13 K 1756/18 E; NWB
Das Entgelt für ein zum Mitnehmen verkauftes Sparmenü in einem Fast-Food-Restaurant, das aus Speisen und Getränken besteht und damit unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegt, kann nicht...
Das Entgelt für ein zum Mitnehmen verkauftes Sparmenü in einem Fast-Food-Restaurant, das aus Speisen und Getränken besteht und damit unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegt, kann nicht anhand des Verhältnisses der Einzelverkaufspreise der Bestandteile des Menüs aufgeteilt werden, wenn die einzelnen Bestandteile des Menüs nicht einzeln verkauft werden, sondern nur in veränderter Zubereitung abgegeben werden, z.B. mit anderen Saucen.
Hintergrund: Beim Verkauf von Speisen außer Haus gilt ein ermäßigter Steuersatz von 7 % bzw. 5 %, wenn es sich um einfache Speisen handelt. Für Getränke gilt hingegen der reguläre Steuersatz von 19 % bzw. 16 %. Gibt es einen Gesamtpreis für eine Speise und ein Getränk, muss der Gesamtpreis aufgeteilt werden, um die unterschiedlichen Steuersätze anwenden zu können.
Sachverhalt: Die Antragstellerin betrieb mehrere Fast-Food-Restaurants, in denen Hamburger verkauft wurden. Sie bot im Januar 2020 sog. Sparmenüs an, die aus einem Hamburger, aus einer Beilage (Pommes Frites oder Salat) und einem Getränk bestanden. Bei einem Außer-Haus-Verkauf teilte sie den Menüpreis anhand der Wareneinkäufe für Speisen und für die Getränke auf und unterwarf den auf die Speisen (Hamburger und Pommes Frites bzw. Salat) entfallenden Anteil einer ermäßigten Umsatzsteuer von 7 %. Das Finanzamt teilte den Menüpreis hingegen anhand des Verhältnisses der Einzelverkaufspreise auf und gelangte zu einer höheren Umsatzsteuer. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuervorauszahlung für Januar 2020.
Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab dem Antrag statt und gewährte die Aussetzung der Vollziehung:
Soweit die Sparmenüs für einen Verzehr außer Haus verkauft wurden, galt ein ermäßigter Steuersatz von 7 % für die verkauften Speisen. Denn es handelte sich um einfache Speisen wie Hamburger, Pommes Frites oder Salat, und es wurden keine Zusatzleistungen wie ein Tisch oder die Bereitstellung von Sanitäreinrichtungen erbracht. Die Getränke wurden aber auch bei einem Verkauf außer Haus mit 19 % besteuert.
Daher musste der Preis für das Sparmenü bei einem Außer-Haus-Verkauf aufgeteilt werden, und zwar auf die Speisen und auf die Getränke. Die vom Finanzamt angewandte Einzelverkaufspreismethode ist nicht geeignet, wenn die Komponenten des Sparmenüs nicht einzeln verkauft werden. Zwar konnte man die Hamburger, die im Sparmenü enthalten waren, auch einzeln kaufen; die einzeln verkauften Hamburger waren aber anders zubereitet und enthielten eine andere Sauce. Damit waren sie mit den im Sparmenü enthaltenen Hamburgern nicht vergleichbar.
Im Rahmen des Verfahrens der Aussetzung der Vollziehung war die von der Antragstellerin verwendete Methode der Aufteilung nach den verwendeten Wareneinsätzen nicht zu beanstanden.
Hinweis: Ob diese Aufteilungsmethode (Aufteilung nach den verwendeten Wareneinsätzen) auch in einem späteren Klageverfahren zu akzeptieren ist, ließ das FG allerdings offen.
Die Unterschiede zwischen den Hamburgern, die im Spar-Menü enthalten waren, und den einzeln verkauften Hamburgern waren wohl gering, da sich die Hamburger vornehmlich nur bezüglich der Sauce unterschieden. Das FG hält die Sauce aber für ein gewichtiges Unterscheidungsmerkmal und führt als Beispiel ein Schnitzel an, das sich je nach Art der verwendeten Sauce von einem Schnitzel natur zu einem Jägerschnitzel oder Zigeunerschnitzel wandelt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Aufteilung eines Gesamtpreises nach der einfachstmöglichen Methode vorzunehmen. Soweit es mehrere sachgerechte und gleich einfache Aufteilungsmethoden gibt, hat der Unternehmer ein Wahlrecht.
Niedersächsisches FG, Beschluss vom 5.10.2020 - 11 V 112/20; NWB
Der Verschonungsabschlag, mit dem Betriebsvermögen zu 85 % von...
Der Verschonungsabschlag, mit dem Betriebsvermögen zu 85 % von der Erbschaftsteuer befreit wird, entfällt für einen vererbten Anteil an einer KG nicht bereits dann, wenn über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der Verschonungsabschlag entfällt erst dann, wenn wesentliche Teile des Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter veräußert werden, der gesamte Betrieb veräußert wird oder der Betrieb aufgegeben wird.
Hintergrund: Betriebsvermögen ist erbschaftsteuerlich begünstigt, weil der Erbe einen Verschonungsabschlag (d.h. Steuerbefreiung) von 85 % erhält. Allerdings verlangt der Gesetzgeber u.a., dass das vererbte Betriebsvermögen innerhalb von fünf Jahren (sog. Behaltensfrist) nicht veräußert oder aufgegeben wird. Auch die Veräußerung oder Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb von fünf Jahren ist schädlich; bei Kapitalgesellschaften ist die Auflösung der Kapitalgesellschaft innerhalb der Behaltensfrist schädlich. Soweit die Behaltensfrist nicht eingehalten wird, fällt der Verschonungsabschlag anteilig weg; bei einer Veräußerung im 4. Jahr wird der Verschonungsabschlag also nur zu 3/5 gewährt.
Sachverhalt: Der Kläger erbte im Juni 2010 von seinem Vater eine Beteiligung an einer GmbH & Co. KG, die zum steuerlich begünstigten Betriebsvermögen gehörte und einen Wert von ca. 4,8 Mio. € hatte. Das Finanzamt gewährte den Verschonungsabschlag von 85 %, so dass nur 15 % steuerpflichtig waren. Am 1.6.2014 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar 2015 veräußerte der Insolvenzverwalter wesentliche Teile des Betriebsvermögens. Das Finanzamt machte den Verschonungsabschlag nun im Umfang von 2/5 rückgängig, weil es in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im 4. Jahr eine schädliche Auflösung des Betriebs sah, so dass die KG ihren Betrieb nur volle drei Jahre fortgeführt hatte. Der Kläger ging hingegen davon aus, dass erst im 5. Jahr durch Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen durch den Insolvenzverwalter ein schädlicher Vorgang erfolgt sei, so dass der Verschonungsabschlag zu 4/5 zu gewähren sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und gewährte den Verschonungsabschlag zu 4/5:
Zwar führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Auflösung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Die Auflösung einer Kapitalgesellschaft führt auch ausdrücklich zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags.
Für eine Personengesellschaft gibt es aber keine ausdrückliche Regelung, dass bei ihrer Auflösung der Verschonungsabschlag anteilig wegfällt. Der Gesetzgeber sieht zwar die Aufgabe des Betriebs durch die Personengesellschaft als schädlich an. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt aber noch nicht zur Betriebsaufgabe, weil der Betrieb noch fortgeführt werden kann und zunächst lediglich unwesentliche Betriebsgrundlagen veräußert werden.
Erst wenn der Insolvenzverwalter innerhalb der Behaltensfrist den Betrieb der Personengesellschaft endgültig einstellt oder wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, fällt der Verschonungsabschlag anteilig weg. Dies folgt auch aus dem Zweck der Begünstigung, die Arbeitsplätze sichern will und deshalb die Fortführung des Betriebs für mindestens fünf Jahre verlangt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt aber nicht zwingend zur Einstellung des Betriebs und damit zum Verlust der Arbeitsplätze. Denn ein Insolvenzverfahren kann auch dazu dienen, das Unternehmen zu retten.
Zwar geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis vom bisherigen Unternehmensinhaber bzw. Geschäftsführer auf den Insolvenzverwalter über. Die Steuerbegünstigung setzt aber nicht voraus, dass der Erbe verfügungsbefugt ist. Dies wird gerade bei geerbten Anteilen an Personengesellschaften deutlich; denn die steuerliche Begünstigung wird nach dem Gesetz auch dann gewährt, wenn der Erbe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung haben muss.
Im Streitfall hat der Kläger am 2.6.2010 geerbt. Erst im Januar 2015 wurden wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert. Zu diesem Zeitpunkt war die fünfjährige Behaltensfrist noch nicht abgelaufen, sondern die Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen erfolgte im 5. Jahr nach dem Todesfall, so dass der Verschonungsabschlag zu 4/5 gewährt wird und in Höhe eines Fünftels wegfällt.
Hinweis: Das Urteil betrifft zwar die Rechtslage aufgrund der Erbschaftsteuerreform 2009, gilt aber ebenso für die Rechtslage nach der Erbschaftsteuerreform 2016.
Eine Betriebsaufgabe oder Veräußerung ist erbschaftsteuerlich schädlich, wenn sie innerhalb von fünf Jahren erfolgt. Auf die Gründe für die Betriebsaufgabe oder Veräußerung kommt es nicht an, so dass auch eine Betriebsveräußerung aufgrund gesetzlicher Anordnung oder eine insolvenzbedingte Veräußerung oder Schließung zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags führt. Dies würde auch gelten, wenn ein Betrieb innerhalb der Behaltensfrist wegen der Corona-Krise geschlossen werden muss.
BFH, Urteile vom 1.7.2020 - II R 19/18 und II R 20/18; NWB
Eine im freiberuflichen Bereich tätige Sozietät, an der noch weitere...
Eine im freiberuflichen Bereich tätige Sozietät, an der noch weitere Personengesellschaften als sog. Obergesellschaften beteiligt sind, erzielt nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn die mittelbar beteiligten Gesellschafter ebenfalls Freiberufler sind und in der Sozietät zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich als Freiberufler mitarbeiten. Es genügt nicht, dass sie nur kaufmännisch, kontrollierend oder geschäftsleitend Einfluss nehmen. Sind die Voraussetzungen für freiberufliche Einkünfte nicht erfüllt, erzielt die Sozietät gewerbliche Einkünfte und unterliegt damit der Gewerbesteuer.
Hintergrund: Der Gesetzgeber unterscheidet bei Unternehmern u.a. zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften. Einkommensteuerlich werden beide Einkünfte gleich besteuert, aber gewerbliche Einkünfte unterliegen der Gewerbesteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG und in der Steuerberatung tätig, also einem freiberuflichen Bereich. An der Klägerin war die C-KG beteiligt, an der wiederum die E-OHG mit 51 %, die G+H KG mit 49 % und weitere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte mit jeweils 0 % beteiligt waren. Diese Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie die E-OHG waren die Komplementäre der C-KG. Die E-OHG und die G+H KG waren ebenfalls in der Steuerberatung tätig und gehörten zur Konzernspitze des S-Konzerns. Die an der E-OHG und G+H KG beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte waren bei der Klägerin nicht aktiv in die Mandatsbetreuung eingebunden, jedoch an wesentlichen Entscheidungen bezüglich der Finanzierung, der Personalstruktur und der Fortbildung im S-Konzern beteiligt. Das Finanzamt stellte die Einkünfte der Klägerin als gewerblich fest.
Entscheidung: Der BFH hielt die Einkünfte der Klägerin ebenfalls für gewerblich und wies die Klage ab:
Eine Personengesellschaft erzielt nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen, also z.B. Steuerberater, Architekt oder Arzt sind, und in dieser Eigenschaft für die Personengesellschaft auch leitend und eigenverantwortlich tätig sind. Es genügt nicht, dass der Gesellschafter lediglich Kapital zur Verfügung stellt oder nur Aufträge beschafft, ohne sich selbst freiberuflich zu betätigen.
Diese Grundsätze sind auch dann zu beachten, wenn der Gesellschafter eine Personengesellschaft ist, d.h. wenn eine Obergesellschaft an einer Untergesellschaft beteiligt ist. In diesem Fall müssen die Gesellschafter der Obergesellschaft, die mittelbar an der Untergesellschaft beteiligt sind, die Merkmale eines freien Berufs erfüllen und nicht nur in der Obergesellschaft, sondern auch in der Untergesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich als Freiberufler mitarbeiten.
Im Streitfall waren die über die C-KG sowie E-OHG und G+H KG mittelbar an der Klägerin beteiligten Gesellschafter zwar selbst Freiberufler; sie waren bei der Klägerin aber nicht freiberuflich tätig, sondern beschränkten sich auf kaufmännische Tätigkeiten wie die Finanzierung, Personalstruktur und Fortbildung. Damit erzielte die Klägerin gewerbliche Einkünfte.
Hinweis: Der BFH ließ offen, ob die mittelbar beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte überhaupt Mitunternehmer der E-OHG und G+H KG waren; denn sie waren an deren Vermögen nicht beteiligt. Ohne Mitunternehmerschaft wären freiberufliche Einkünfte der Klägerin ohnehin zu verneinen gewesen.
Unbeachtlich war, dass die mittelbar beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte bei anderen Gesellschaften des S-Konzerns freiberuflich tätig geworden sind.
Das Urteil macht deutlich, dass bei sog. doppelstöckigen bzw. mehrstöckigen Personengesellschaften ein doppeltes Tätigkeitserfordernis des mittelbar beteiligten Gesellschafters bestehen muss, da er nicht nur in der Gesellschaft, an der er unmittelbar beteiligt ist, sondern auch in der Untergesellschaft freiberuflich tätig werden muss, zumindest in geringfügigem Umfang.
BFH, Urteil vom 4.8.2020 - VIII R 24/17; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat November 2020 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2020 können Sie auf der Homepage...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat November 2020 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2020 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF-Schreiben vom 1.12.2020 – III C 3 – S 7329/19/10001 :002 (2020/1249543); NWB
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen wird...
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen wird nicht für die Reinigung der Fahrbahn der öffentlichen Straße vor dem Haus gewährt. Außerdem wird die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt nicht gewährt, wenn die Reparatur nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern in der Werkstatt des Handwerkers durchführt wird.
Hintergrund: Für haushaltsnahe Dienstleistungen und für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt wird eine Steuerermäßigung von 20 % der Arbeitskosten (keine Materialkosten) gewährt. Diese Ermäßigung wird also direkt von der Steuer abgezogen. Der maximale Ermäßigungsbetrag beläuft sich auf 4.000 € bei haushaltsnahen Dienstleistungen und auf 1.200 € bei Handwerkerleistungen.
Sachverhalt: Der Kläger zahlte im Streitjahr ca. 100 € für die öffentliche Straßenreinigung. Außerdem ließ er sein Hoftor durch einen Handwerker reparieren, der die Reparatur in seiner Werkstatt durchführte und danach das Hoftor wieder auf dem Grundstück des Klägers einbaute; die Lohnkosten betrugen ca. 980 €. Der Kläger machte für jeweils 20 % von 100 € und von 980 € die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt geltend.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des Finanzgerichts (FG), das der Klage stattgegeben hatte, auf und verwies die Sache zur weiteren Prüfung an das FG zurück:
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen setzt voraus, dass die Dienstleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. Hierzu können auch Dienstleistungen gehören, die außerhalb der Grundstücksgrenze erbracht werden, sofern ein räumlicher Zusammenhang zum Haushalt besteht und die Tätigkeit üblicherweise von einem Mitglied des Haushalts erbracht wird, z.B. die Reinigung des Gehwegs vor dem Grundstück des Steuerpflichtigen.
Die Reinigung der Fahrbahn der Straße vor dem Grundstück wird üblicherweise aber nicht von Mitgliedern des Haushalts erbracht. Zudem fehlt es bei der Fahrbahn am räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt; denn dieser Zusammenhang endet an der Bordsteinkante des öffentlichen Gehwegs vor dem selbstgenutzten Haus des Steuerpflichtigen.
Das FG muss nun ermitteln, ob in dem Betrag von 100 € auch ein Anteil für die Reinigung des öffentlichen Gehwegs enthalten ist; dieser Anteil wäre nämlich – anders als der Anteil für die Reinigung der Fahrbahn – steuerbegünstigt.
Die Reparatur des Hoftores ist grundsätzlich nicht steuerbegünstigt, da die Reparatur nicht im Haushalt des Klägers durchgeführt worden ist, sondern in der Werkstatt des Handwerkers. Es fehlt damit an dem räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt, so dass lediglich ein funktionaler Zusammenhang besteht. Es genügt nicht, dass die Leistung teilweise im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird oder dass sie für den Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. Ferner kommt es nicht darauf an, ob der Leistungserfolg im Haushalt des Steuerpflichtigen eintritt oder ob die Handwerkerleistung auch im Haushalt hätte durchgeführt werden können.
Soweit die Handwerkerleistung auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen erbracht worden sein sollte, z.B. der Einbau und Ausbau des Tores, kommt eine anteilige Steuerermäßigung in Betracht. Das FG muss nun den entsprechenden Anteil ermitteln.
Hinweis: Bei Handwerkerleistungen ist nicht der gesamte Rechnungsbetrag begünstigt, sondern nur der auf die Arbeitskosten entfallende Anteil. Die Steuerermäßigung wird also nicht für Ersatzteile oder Material gewährt.
Ob ein räumlicher Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen besteht, ist durchaus eine Wertungsfrage. So hat der BFH z.B. die Steuerermäßigung für die Kosten eines Altenheimbewohners für ein Notrufsystem gewährt, weil dieses System zu einer Hilfeleistung im Haushalt führen sollte. Unschädlich war, dass der Sanitätsdienst, der im Notfall tätig werden sollte, außerhalb des Altenheims und damit außerhalb des Haushalts des Altenheimbewohners saß.
BFH, Urteil vom 13.5.2020 - VI R 4/18; NWB
Besitzer von Solaranlagen müssen diese bis spätestens Ende Januar 2021 im sog. Markstammdatenregister eintragen und registrieren. Das gilt sowohl für neue Anlagen als auch für Installationen, die...
Besitzer von Solaranlagen müssen diese bis spätestens Ende Januar 2021 im sog. Markstammdatenregister eintragen und registrieren. Das gilt sowohl für neue Anlagen als auch für Installationen, die schon viele Jahre betrieben werden.
Hintergrund: Die Registrierung ist bei allen Strom- und Gas-Erzeugungsanlagen verpflichtend, die unmittelbar oder mittelbar an ein Strom- bzw. Gasnetz angeschlossen sind oder werden sollen. Eine Mindestgröße ist nicht vorgesehen. (§ 111e EnWG "Marktstammdatenregister").
Jede Anlage ist einzeln einzutragen, z.B. eine Photovoltaikanlage und ein Batteriespeicher.
Neue Anlagen müssen immer innerhalb eines Monats angemeldet werden.
Wer die Fristen versäumt, erhält keine Einspeisevergütung und muss mit einem Bußgeld rechnen.
Die Registrierung erfolgt in 3 Schritten und dauert ca. 15-20 Minuten, wenn man alle Informationen wie z.B. Kundennummer beim Energieanbieter, Anlagennummer und Leistungsdaten der Anlagen zur Hand hat.
Zum Markstammdatenregister gelangen Sie hier. Es wurde zum Thema ein FAQ veröffentlicht.
Hinweise: Aufgrund der am 31.1.2021 ablaufenden Übergangsfrist zur erstmaligen Registrierung kommt es aktuell zu einer erhöhten Nachfrage. Daher kann es zu einer verzögerten Bearbeitung Ihres Anliegens kommen.
Solaranlagen mit Batteriespeichern: Damit die Förderung der Solaranlage ohne Einschränkungen geleistet werden kann, muss der Batteriespeicher ebenfalls fristgerecht bis zum 31.1.2021 im Marktstammdatenregister registriert sein.
Marktstammdatenregister online; NWB
Ein Unternehmer ist auf Antrag von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärungen zu befreien, wenn er keinen Internetanschluss hat und der finanzielle Aufwand für den Internetanschluss...
Ein Unternehmer ist auf Antrag von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärungen zu befreien, wenn er keinen Internetanschluss hat und der finanzielle Aufwand für den Internetanschluss in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu seinen unternehmerischen Einkünften steht. Die elektronische Übermittlung ist dann für ihn wirtschaftlich unzumutbar.
Hintergrund: Unternehmer müssen ihre Steuererklärungen elektronisch an das Finanzamt übermitteln. Allerdings sieht das Gesetz eine Befreiung von dieser Pflicht vor, wenn die elektronische Übermittlung wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Der Unternehmer kann dann die Steuererklärungen in Papierform übersenden.
Sachverhalte: Dem Bundesfinanzhof lagen zwei Fälle vor: In dem einen Fall ging es um einen Physiotherapeuten, der im Streitjahr 2017 einen Gewinn von ca. 14.500 € erzielte und keinen Internetanschluss hatte. Er beantragte für die Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 2017 eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung.
Im zweiten Fall ging es um einen Steuerberater, der seine Tätigkeit von seiner Privatwohnung aus und ohne Mitarbeiter und Internetanschluss ausübte und nebenher noch als Zeitungszusteller tätig war. Er hatte bis 2014 nur Verluste aus seiner Steuerberatertätigkeit erzielt. Er beantragte für die Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 2015 eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung; die Höhe seiner freiberuflichen Einkünfte im Jahr 2015 war dem BFH nicht bekannt.
In beiden Fällen lehnte das Finanzamt die Befreiung ab.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage des Physiotherapeuten statt und verwies das Verfahren des Steuerberaters an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Die elektronische Übermittlung der Steuererklärung ist wirtschaftlich unzumutbar, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung des Internetanschlusses in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu seinen unternehmerischen Einkünften (aus Gewerbebetrieb, aus freiberuflicher Tätigkeit oder aus Land- und Forstwirtschaft) steht. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um einen Kleinstbetrieb handelt.
Auf die nichtunternehmerischen Einkünfte wie z.B. Arbeitslohn, Vermietungs- oder Kapitaleinkünfte kommt es nicht an. Denn die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung knüpft an die Erzielung unternehmerischer Einkünfte an.
Im Fall des Physiotherapeuten war die wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu bejahen. Denn er hatte im Streitjahr 2017, für das er eine Befreiung von der elektronischen Übermittlung anstrebte, nur einen Gewinn von ca. 14.500 € erzielt.
• Im Fall des Steuerberaters muss das FG nun aber die freiberuflichen sowie gewerblichen Einkünfte (als Steuerberater und als Zeitungszusteller) des Jahres 2015 feststellen, um anhand deren Höhe die wirtschaftliche Zumutbarkeit prüfen zu können. Dass der Steuerberater bis einschließlich 2014 nur Verluste aus seiner Steuerberatertätigkeit erzielt hat, war für 2015 ohne Bedeutung.
Hinweis: Eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung wird nur für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gewährt, nicht aber für die Folgejahre. Für das jeweilige Folgejahr muss also ein neuer Antrag gestellt werden, und es ist dann anhand der unternehmerischen Einkünfte des Folgejahres zu prüfen, ob eine elektronische Übermittlung wirtschaftlich unzumutbar wäre.
Eine klare Einkünftegrenze, bis zu der von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auszugehen ist, hat der BFH leider nicht aufgestellt. Aus den beiden Entscheidungen ergibt sich auch nicht, wie hoch die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung des Internetanschlusses gewesen wären.
BFH, Urteile vom 16.6.2020 - VIII R 29/17 (Steuerberater) und VIII R 29/19 (Physiotherapeut); NWB
Seit Mittwoch, dem 25.11.2020, kann die außerordentliche Wirtschaftshilfe („Novemberhilfe“) beantragt werden. Diese Hilfe wird nun aufgrund der Verlängerung der Schließungen bis zum 20.12.2020...
Seit Mittwoch, dem 25.11.2020, kann die außerordentliche Wirtschaftshilfe („Novemberhilfe“) beantragt werden. Diese Hilfe wird nun aufgrund der Verlängerung der Schließungen bis zum 20.12.2020 im Rahmen der Vorgaben des EU-Beihilferechts verlängert. Damit sollen auch für die Zeit der Maßnahmen im Dezember von diesen Schließungen betroffenen Unternehmen Zuschüsse in Höhe von bis zu 75 % des Vergleichsumsatzes im Jahr 2019 als Hilfen zur Verfügung stehen. Die Überbrückungshilfe wird erweitert.
Die Dezemberhilfe im Überblick:
Antragsberechtigt sind direkt von den temporären Schließungen betroffene Unternehmen, indirekt betroffene und mittelbar indirekt betroffene Unternehmen entsprechend den Regelungen der Novemberhilfe.
Mit der Dezemberhilfe werden im Grundsatz erneut Zuschüsse von bis zu 75 % des Umsatzes aus Dezember 2019 anteilig für die Anzahl an Tagen der Schließung im Dezember 2020 gewährt.
Das europäische Beihilferecht erlaubt eine Förderung von derzeit insgesamt bis zu einer Million Euro ohne konkrete Nachweise eines Schadens. Soweit es der beihilferechtliche Spielraum der betroffenen Unternehmen angesichts schon bislang gewährter Beihilfen zulässt, wird für die allermeisten Unternehmen der Zuschuss in Höhe von bis zu 75 % des Umsatzes des Vorjahresmonats auf dieser Grundlage gezahlt werden können. Zuschüsse zwischen einer und vier Millionen Euro nach der Bundesregelung Fixkostenhilfe wurden von Brüssel genehmigt. Die Bundesregierung wird sich zudem im Gespräch mit der Europäischen Kommission dafür einsetzen, dass die Höchstbeträge für Kleinbeihilfen und Fixkosten des Temporary Framework deutlich erhöht werden. Für Zuschüsse von über vier Millionen Euro sind weitere Abstimmungen mit der Europäischen Kommission nötig, um eine gesonderte Genehmigung auf Basis des Schadensausgleichs des EU-Beihilferechts zu erreichen.
Die Antragstellung wird aktuell vorbereitet. Eine genauere zeitliche Aussage ist derzeit noch nicht möglich. Die Antragstellung wird aber wieder über die IT-Plattform der Überbrückungshilfe (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de) erfolgen können. Der Antrag wird wie bei der Novemberhilfe über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder andere Dritte erfolgen. Soloselbstständige, die nicht mehr als 5.000 € Förderung beantragen, können die Anträge mit ihrem ELSTER-Zertifikat direkt stellen.
Die Überbrückungshilfe III im Überblick:
„November- und Dezember-Fenster“ in der Überbrückungshilfe: Erweiterung des Zugangs zu den Überbrückungshilfen für die Monate November bzw. Dezember 2020 auch für Unternehmen, die im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 % erlitten haben und keinen Zugang zur Novemberhilfe und/oder Dezemberhilfe hatten. Im Übrigen bleibt es bei der Zugangsschwelle von 50 % Umsatzrückgang für zwei aufeinanderfolgende Monate bzw. 30 % seit April 2020.
Erhöhung des Förderhöchstbetrags pro Monat von bisher 50.000 € auf 200.000 € und Ausweitung der Antragsberechtigung durch den Wegfall der Beschränkung auf kleine und mittlere Unternehmen. Nunmehr sind alle Unternehmen bis maximal 500 Mio. € Jahresumsatz in Deutschland antragsberechtigt.
Soloselbstständige können alternativ zum Einzelnachweis der Fixkosten künftig eine einmalige Betriebskostenpauschale in Höhe von 25 % des Vergleichsumsatzes in Ansatz bringen – die „Neustarthilfe“. So erhalten sie einen einmaligen Betrag von bis zu 5.000 € als Zuschuss.
Der Katalog erstattungsfähiger Kosten wird erweitert um bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen für Hygienemaßnahmen bis zu 20.000 €. Marketing- und Werbekosten sind maximal in Höhe der entsprechenden Ausgaben im Jahre 2019 förderfähig.
Abschreibungen von Wirtschaftsgütern werden bis zu 50 % als förderfähige Kosten anerkannt. So kann z. B. ein Schausteller, der ein Karussell gekauft hat und per Kredit oder aus dem Eigenkapital finanziert hat, die Hälfte der monatlichen Abschreibung als Kosten in Ansatz bringen.
Die branchenspezifische Fixkostenregelung für die Reisebranche wird erweitert. Das Ausbleiben oder die Rückzahlung von Provisionen von Reisebüros bzw. vergleichbaren Margen von Reiseveranstaltern wegen Corona-bedingter Stornierungen und Absagen bleiben förderfähig. Die vorherige Begrenzung auf Pauschalreisen wird aufgehoben. Auch kurzfristige Buchungen werden berücksichtigt. Außerdem sind für die Reisewirtschaft zusätzlich zu der Förderung von Provisionen oder Margen im ersten Halbjahr 2021 auch externe sowie durch eine erhöhte Personalkostenpauschale abgebildete interne Ausfallkosten für den Zeitraum März bis Dezember 2020 förderfähig.
Unternehmen der Veranstaltungs- und Kulturbranche können für den Zeitraum März bis Dezember 2020 Ausfallkosten geltend machen. Dabei sind sowohl interne als auch externe Ausfallkosten förderfähig.
Soloselbständige sind künftig bis zu einem Betrag von 5.000 € unter besonderen Identifizierungspflichten direkt antragsberechtigt (also auch ohne Einschaltung eines Beraters).
BMF; NWB
Die Grunderwerbsteuer ist nicht zu mindern, wenn der Kaufpreis...
Die Grunderwerbsteuer ist nicht zu mindern, wenn der Kaufpreis zwar vertraglich herabgesetzt wird, der Antrag auf Minderung der Grunderwerbsteuer jedoch erst nach Eintritt der vierjährigen Festsetzungsverjährung gestellt wird. Die Herabsetzung des Kaufpreises stellt auch kein sog. rückwirkendes Ereignis dar, bei dem eine neue Festsetzungsfrist beginnen würde.
Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer richtet sich nach dem Kaufpreis. Wird der Kaufpreis nachträglich im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung herabgesetzt, wird auf Antrag die Grunderwerbsteuer entsprechend gemindert; die Herabsetzung muss aber innerhalb von zwei Jahren seit dem Kaufvertrag erfolgen.
Nach dem allgemeinen Verfahrensrecht kann ein Steuerbescheid auch wegen eines rückwirkenden Ereignisses geändert werden. Liegt ein rückwirkendes Ereignis vor, beginnt erneut eine vierjährige Festsetzungsfrist.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb am 7.8.2007 Grundvermögen zum Preis von ca. 49,5 Mio. €. Mit Vertrag vom 24.2.2009 verpflichtete sich der Verkäufer zu einer Kaufpreisrückzahlung in Höhe von ca. 2,1 Mio. €. Am 13.9.2012 beantragte die Klägerin die Minderung der Grunderwerbsteuer und begründete dies damit, dass die Herabsetzung des Kaufpreises ein sog. rückwirkendes Ereignis gewesen sei. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.
Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab:
Zwar lässt das Gesetz eine Minderung der Grunderwerbsteuer auf Antrag zu, wenn innerhalb von zwei Jahren der Kaufpreis vertraglich herabgesetzt wird. Diese Minderung ist aber nur innerhalb der Festsetzungsverjährung möglich. Da der Kaufvertrag im Jahr 2007 abgeschlossen worden war, begann die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2007 und endete am 31.12.2011. Der Antrag auf Minderung wurde aber erst im Jahr 2012 gestellt.
Zwar führt die Herabsetzung des Kaufpreises nach dem Gesetz dazu, dass die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Kaufpreisherabsetzung eintritt; dies nützte der Klägerin aber nichts, weil die Kaufpreisherabsetzung am 24.2.2009 erfolgte und die Festsetzungsfrist ohnehin erst am 31.12.2011 endete.
Die Herabsetzung des Kaufpreises stellt auch kein rückwirkendes Ereignis dar, das eine erneute vierjährige Festsetzungsfrist auslöst. Ansonsten wäre nämlich die einjährige Hemmung der Festsetzungsfrist überflüssig.
Hinweis: Die Klägerin hat im Streitfall den Antrag auf Minderung der Grunderwerbsteuer schlichtweg zu spät gestellt. Sie hätte den Antrag spätestens bis zum 31.12.2011 stellen müssen; die Festsetzungsverjährung wäre dann aufgrund des Antrags gehemmt worden.
Wäre die Kaufpreisherabsetzung im Dezember 2011 erfolgt, hätte die Festsetzungsfrist erst ein Jahr später im Dezember 2012 geendet und wäre bei Stellung des Antrags auf Minderung der Grunderwerbsteuer (im September 2012) noch nicht abgelaufen gewesen.
Zu beachten ist, dass eine Einigung über die Herabsetzung des Kaufpreises nicht genügt, damit die Grunderwerbsteuer gemindert werden kann; vielmehr muss der Kaufpreis noch zurückgezahlt werden.
BFH, Urteil vom 22.7.2020 - II R 15/18; NWB
Gewerbesteuer: Betreibt Unternehmer in einem Gebäude, aber in getrennten...
Gewerbesteuer: Betreibt Unternehmer in einem Gebäude, aber in getrennten Räumen, sowohl ein Eiscafé als auch einen Imbiss, hängt es vom wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang beider Tätigkeiten ab, ob es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb, um zwei Teilbetriebe eines einheitlichen Gewerbebetriebs oder um zwei selbständige Gewerbebetriebe handelt. Je verschiedenartiger die beiden Betätigungen (Imbiss und Eiscafé) sind, desto intensiver muss der wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen sein, um zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zu gelangen.
Hintergrund: Ein Unternehmer kann mehrere selbständige Gewerbebetriebe unterhalten. Es ergeht dann für jeden Gewerbebetrieb ein Gewerbesteuermessbescheid. Zu prüfen ist aber, ob die unterschiedlichen Betätigungen nicht einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden. Zu den steuerlichen Folgen s. den Abschnitt „Hinweise“ unten.
Sachverhalt: Der Kläger betrieb unter seinem Namen in einem Gebäude in getrennten Räumlichkeiten sowohl einen Imbiss als auch ein Eiscafé. Beide Geschäfte teilten sich das Inventar für den Außenbereich, dieselbe Telefonnummer und eine Kundentoilette. Mehrere Mitarbeiter waren für beide Geschäfte tätig. Zwar unterhielt der Kläger für jedes Geschäft ein eigenes Bankkonto; beide Konten wurden aber bei derselben Bank geführt und es galt für beide Konten eine einheitliche Kreditlinie. Im Jahr 2014 übertrug der Kläger das Eiscafé auf seinen Sohn und im Jahr 2015 den Imbiss auf seine Schwiegertochter. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2010 und 2011 mit dem Imbiss Gewinne von ca. 60.000 €, mit dem Eiscafé jedoch Verluste von ca. 25.000 €. Das Finanzamt nahm eine Verrechnung des Gewinns mit dem Verlust nicht vor, weil es von zwei getrennten Gewerbebetrieben ausging.
Entscheidung: Der BFH verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück:
Ob es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder aber um selbständige Gewerbebetriebe handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der Prüfung gelten die folgenden Grundsätze:
Je gleichartiger die Betätigungen sind, desto eher liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor. Diese Vermutung wird aber widerlegt, wenn es keinen oder nur einen geringen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen gibt.
Umgekehrt ist es, wenn die Betätigungen unterschiedlich sind. Hier spricht eine Vermutung für selbständige Gewerbebetriebe. Diese Vermutung wird aber widerlegt, wenn es einen intensiven wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen gibt.
Der Streitfall lässt sich keiner der beiden Fallgruppen klar zuordnen. Denn die beiden Tätigkeiten „Imbiss“ und „Gastronomie“ waren zwar einerseits nicht gleichartig, aber andererseits auch nicht völlig unterschiedlich, da sich beide der Gastronomie zuordnen lassen und daher auch vom Statistischen Bundesamt derselben Gewerbeklasse zugerechnet werden.
Das FG muss nun berücksichtigen, dass es sich nicht um eindeutig verschiedene Betätigungen handelt und darf daher nicht so strenge Anforderungen an den wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang stellen.
Sollte es sich um zwei selbständige Betriebe gehandelt haben, hätten getrennte Gewerbesteuermessbescheide ergehen müssen, die jeweils einen Hinweis auf den Betrieb enthalten. Anderenfalls könnten die Bescheide nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam sein; die Angabe lediglich unterschiedlicher Steuernummern würde nicht genügen.
Hinweis: Der BFH bezeichnet den Fall als „Grenzfall“, weil er sich keiner Fallgruppe klar zuordnen lässt. Der BFH hält es aber denkbar, dass es sich auch um zwei Teilbetriebe eines einheitlichen Gewerbebetriebs gehandelt haben könnte. Dafür spräche, dass der Kläger das Eiscafé im Jahr 2014 auf seinen Sohn übergeben hat.
Sollte es sich um zwei getrennte Gewerbebetriebe handeln, könnte der Gewinn aus dem Imbiss nicht mit dem Verlust aus dem Eiscafé verrechnet werden. Allerdings würde für jeden Betrieb ein gewerbesteuerlicher Freibetrag von 24.500 € gewährt werden; dieser Freibetrag würde bei dem verlustreichen Eiscafé aber ins Leere gehen.
Beim wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang geht es darum, ob sich die beiden Betätigungen gegenseitig stützen und ergänzen (wirtschaftlicher Zusammenhang), ob dieselben Geschäftsräume genutzt werden, dieselben Mitarbeiter beschäftigt werden und der Wareneinkauf gemeinsam erfolgt (organisatorischer Zusammenhang) und ob gemeinsame Kassen und Bankkonten geführt werden und die Gewinnermittlung einheitlich erfolgt (finanzieller Zusammenhang).
BFH, Urteil vom 17.6.2020 - X R 15/18; NWB
Von angeordneten Schließungen betroffene Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen werden durch eine „außerordentliche Wirtschaftshilfe“ unterstützt, der sogenannten...
Von angeordneten Schließungen betroffene Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen werden durch eine „außerordentliche Wirtschaftshilfe“ unterstützt, der sogenannten Novemberhilfe. Die Betroffenen erhalten Hilfe in Form von Zuschüssen von 75 % ihres entsprechenden durchschnittlichen Umsatzes im November 2019, tageweise anteilig für die Dauer des Corona-bedingten Lockdowns. Anträge können ab sofort gestellt werden.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie führt hierzu aus:
Die Anträge können seit dem 25.11.2020 auf der Seite für Überbrückungshilfe gestellt werden (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de).
Anträge auf Novemberhilfe können bis zum 31.1.2021 gestellt werden.
Am 25.11.2020 wurde beschlossen, den am 28.10.2020 beschlossenen „Lockdown light“ über den 30.11.2020 hinaus mit weiteren Modifikationen bis zum 20.12.2020 bundesweit zu verlängern. Der Beschluss sieht vor, die Novemberhilfe im Rahmen der Vorgaben des EU-Beihilferechts bis zum 20.12.2020 durch den Bund fortzuführen; in die Novemberhilfe (wie Überbrückungshilfe II) sollen ausdrücklich auch Schausteller und Marktkaufleute einbezogen werden.
Hinweis: Soloselbständige, die bislang keinen Antrag auf Überbrückungshilfe gestellt haben, können mit dem Direktantrag im eigenen Namen (ohne Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rechtsanwalt) bis 5000,- € beantragen. Zwingend erforderlich für die Authentifizierung im Direktantrag ist ein ELSTER-Zertifikat.
Zum FAQ Corona-Novemberhilfe gelangen Sie hier.
BMWi; NWB
Mietaufwendungen eines Bauunternehmers für die Anmietung von Zubehör von Baustelleneinrichtungen werden gewerbesteuerlich nicht als Mietaufwand hinzugerechnet, wenn der Bauunternehmer die Mietaufwendungen...
Mietaufwendungen eines Bauunternehmers für die Anmietung von Zubehör von Baustelleneinrichtungen werden gewerbesteuerlich nicht als Mietaufwand hinzugerechnet, wenn der Bauunternehmer die Mietaufwendungen als Herstellungskosten der gebauten Häuser aktiviert hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Häuser zum Anlage- oder Umlaufvermögen gehören und ob die Häuser am Bilanzstichtag noch dem Bauunternehmer gehören oder schon verkauft sind.
Hintergrund: Der gewerbesteuerliche Gewinn wird um sog. Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert, d.h. erhöht und gemindert. So werden u.a. 5 % der Miet- und Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dem Gewerbeertrag hinzugerechnet. Allerdings wird pro Betrieb noch ein Freibetrag von 100.000 € berücksichtigt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Baugesellschaft, die Häuser errichtete. Für ihre Baustellen mietete sie Zubehör an und zahlte hierfür im Jahr 2008 eine Miete von insgesamt 925.000 €. Ein Teil von 864.000 € stellte sog. Baustelleneinzelkosten dar, die zu den Herstellungskosten der Häuser gehörten. Die Klägerin aktivierte diesen Betrag als Herstellungskosten der zum Umlaufvermögen gehörenden Häuser. Am 31.12.2008 hatte sie einen Teil der Häuser bereits verkauft; in die Herstellungskosten der verkauften Häuser waren 546.000 € Mietaufwendungen eingegangen. Der verbleibende Teil der aktivierten Mietaufwendungen betrug 318.000 € (864.000 € minus 546.000 €) und war in den Herstellungskosten der am 31.12.2008 noch nicht verkauften Häuser enthalten. Das Finanzamt rechnete 5 % der Mietaufwendungen in Höhe von 546.000 € dem Gewerbeertrag hinzu; dies war der aktivierte Betrag der Mieten, der auf die bereits verkauften Häuser entfiel.
Entscheidung: Der BFH lehnte eine Hinzurechnung ab und gab der Klage statt:
Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung ist bei Mietaufwendungen vorzunehmen. Werden Mietaufwendungen aber wie im Streitfall als Herstellungskosten aktiviert, weil die gemieteten Gegenstände (Baustellenzubehör) im Herstellungsprozess eingesetzt werden, handelt es sich nicht mehr um Mietaufwand, sondern um Herstellungskosten.
Es kommt nicht darauf an, ob die aktivierten Häuser zum Anlagevermögen gehören, weil sie dem Betrieb dauerhaft dienen sollen, oder – wie hier – zum Umlaufvermögen zugeordnet werden, weil sie verkauft werden sollen.
Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob sich die aktivierten Häuser am 31.12.2008 noch im Betriebsvermögen befanden oder bereits verkauft waren. Zwar ist im Fall des Verkaufs der Häuser bis zum 31.12.2008 der Gewinn des Jahres 2008 gemindert worden, weil die Herstellungskosten der verkauften Häuser aufgrund der Aktivierung der Mieten höher waren, so dass der jeweilige Verkaufsgewinn niedriger ausfiel. Diese Gewinnminderung ist aber nicht durch Mietaufwendungen verursacht worden.
Hinweis: Der BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung nur insoweit unterlässt, als das aktivierte Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen ist.
Das aktuelle Urteil lässt sich auch auf Bauzeitzinsen übertragen, d.h. auf Zinsen für einen Kredit, der für die Herstellung eines Wirtschaftsguts eingesetzt wird. Bei Bauzeitzinsen besteht ein Wahlrecht auf Aktivierung. Wird hiervon Gebrauch gemacht, liegt kein Zinsaufwand mehr vor, so dass eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Zinsen ebenso unterbleiben muss wie eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten.
BFH, Urteil vom 30.7.2020 - III R 24/18; NWB
Prozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar,...
Prozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn es in dem Prozess um die Existenzgrundlage geht. Darunter ist die materielle Lebensgrundlage zu verstehen, so dass Prozesskosten für einen Umgangsrechtsstreit oder wegen Schmerzensgelds nicht absetzbar sind. Dies gilt auch für Verfahren wegen Schadensersatz oder wegen Kindesunterhalts, wenn die materielle Existenzgrundlage nicht bedroht ist.
Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten. Der Gesetzgeber hat den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über zwei Verfahren entscheiden. In dem einen Verfahren machte der Kläger ca. 20.000 € Prozesskosten für einen Umgangsrechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen geltend, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach Südamerika mitgenommen und nicht nach Deutschland zurückgebracht hatte. In dem anderen Verfahren machte die Klägerin Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers gerichtlich geltend und klagte wegen des Umgangsrechts und Kindesunterhalts; ihre Prozesskosten beliefen sich auf ca. 10.000 €. In beiden Fällen erkannte das Finanzamt die Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen an.
Entscheidung: Der BFH wies beide Klagen ab:
Die geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten sind Prozesskosten, die nach dem Gesetz nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr laufen würde, seine Existenzgrundlage zu verlieren.
Der Gesetzgeber meint die materielle Existenzgrundlage. Es geht nicht um die immateriellen Werte des Steuerpflichtigen wie etwa die Summe seiner Überzeugungen und Wertvorstellungen.
Der Umgangsrechtsstreit beider Kläger betraf nicht die materielle Existenzgrundlage, weil es nicht um finanzielle Ansprüche, sondern um das Umgangsrecht mit dem Kind geht. Auch der Rechtsstreit der Klägerin bezüglich des Kindesunterhalts betraf nicht die materielle Existenzgrundlage, da die Klägerin lediglich einen höheren Unterhalt begehrte, angesichts ihrer Einkommensverhältnisse aber nicht Gefahr lief, ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Gleiches gilt für den Schadensersatzprozess gegen den behandelnden Arzt. Bei der Klage wegen Schmerzensgeld geht es ohnehin nicht um einen existenziell wichtigen Bereich, sondern um den Ersatz eines immateriellen Schadens (Schmerz).
Hinweis: Der BFH sieht in der Abzugsbeschränkung für Prozesskosten keinen Verfassungsverstoß. Denn Prozesskosten gehören grundsätzlich nicht zu dem einkommensteuerlich zu verschonenden Existenzminimum. Soweit Prozesskosten zur Existenzsicherung notwendig sein sollten, lässt der Gesetzgeber den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich zu.
Die Abzugsbeschränkung auf Prozesskosten, die die materielle Existenzgrundlage betreffen, wurde 2013 eingeführt. Vor der Gesetzesänderung waren auch Scheidungskosten sowie Prozesskosten, die den Kernbereich menschlichen Lebens betreffen (z.B. einen Familienrechtsstreit), absetzbar. Beides ist nun nicht mehr absetzbar.
BFH, Urteile vom 13.8.2020 - VI R 15/18 (Umgangsrechtsstreit) und VI R 27/18 (Arzthaftung, Umgangsrecht und Kindesunterhalt); NWB
Derzeit kursieren E-Mails mit einem falschen Antragsformular für Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen und einen "Corona-Weihnachtsbonus" für Soloselbständige,...
Derzeit kursieren E-Mails mit einem falschen Antragsformular für Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen und einen "Corona-Weihnachtsbonus" für Soloselbständige, die angeblich vom Europäischen Rat und vom Bund gemeinsam angeboten werden. Hierauf macht die EU-Kommission aufmerksam.
Hierzu führt die EU-Kommission u.a. weiter aus:
Die betrügerischen E-Mails mit dem Absender deutschland@ec.europa.eu stammen nicht von der Europäischen Kommission. Es wurden keine E-Mail-Konten der Europäischen Kommission gehackt. Es handelt sich um einen Phishing-Versuch unter Vortäuschung der Identität der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Die Polizei ist informiert.
Die neuerliche Betrugsmail wird unter missbräuchlicher Verwendung des Namens des Sprechers der Europäischen Kommission in Deutschland, Reinhard Hönighaus, versendet. Die in den Kontaktdaten der Betrugsmail angegebene Faxnummer führt nach Bischofswerda/Sachsen.
Bereits im Juli und Oktober wurden ähnliche E-Mails von der betrügerischen Domain eu-coronahilfe.de verschickt. Dies wurde ebenfalls umgehend bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Die Domain ist inzwischen gesperrt.
Reagieren Sie nicht auf solche Phishing-E-Mails. Öffnen Sie den Anhang nicht.
Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland in der Corona-Pandemie werden von Bund und Ländern gewährt, nicht direkt von der Europäischen Union. Vertrauenswürdige Informationen darüber finden Sie unter der von der Bundesregierung eingerichteten Webadresse ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de.
EU-Kommission, Pressemitteilung v. 23.11.2020; NWB
Schenkt der Gesellschafter einer Personengesellschaft sein Sonderbetriebsvermögen...
Schenkt der Gesellschafter einer Personengesellschaft sein Sonderbetriebsvermögen an sein Kind, gilt hierfür nur dann die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, wenn er gleichzeitig auch seinen Anteil an der Personengesellschaft seinem Kind schenkt. Die Steuerbefreiung ist bereits dann zu versagen, wenn zwischen den Übertragungen ein Tag liegt.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt bei der Schenkung und Vererbung von Betriebsvermögen grundsätzlich eine Steuerbefreiung von 85 % oder – unter weiteren Voraussetzungen – von 100 %. Zum begünstigten Betriebsvermögen gehört auch der Anteil an einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft). Als Sonderbetriebsvermögen bezeichnet man Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Personengesellschaft zur Nutzung überlässt, z.B. ein Grundstück, das er an die Personengesellschaft vermietet; es wird einkommensteuerlich wie der Anteil an der Personengesellschaft dem gewerblichen oder freiberuflichen Bereich zugeordnet.
Sachverhalt: Der Vater des Klägers war alleiniger Kommanditist einer KG und vermietete an die KG ein Grundstück, so dass das Grundstück einkommensteuerlich zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörte. Der Vater übertrug durch Vertrag vom 30.12.2013 seinen Anteil an der KG auf seinen Sohn, den Kläger. Die Übertragung sollte mit dinglicher Wirkung zum 1.1.2014 erfolgen, aber aus Haftungsgründen erst mit der Eintragung des Klägers im Handelsregister wirksam werden. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 14.1.2014. Ebenfalls am 30.12.2013 schenkte der Vater des Klägers dem Kläger das im Sonderbetriebsvermögen befindliche Grundstück. Der Nutzen- und Lastenwechsel sollte am 1.1.2014 erfolgen; noch am 30.12.2013 wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt. Das Finanzamt hielt die Schenkung des Grundstücks – im Gegenteil zur Schenkung des Anteils – nicht für steuerfrei, sondern setzte Erbschaftsteuer gegen den Kläger in Höhe von 22.000 € fest (Wert des Grundstücks 600.000 €).
Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab, weil das Grundstück nicht zugleich mit dem Anteil übertragen worden war:
Die Schenkung des Grundstücks wurde bereits am 30.12.2013 ausgeführt. Denn schenkungsteuerlich kommt es nicht auf die Eintragung des Klägers im Grundbuch an, sondern auf die Auflassung und die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch; dies war bereits am 30.12.2013 erfolgt.
Die Schenkung des Grundstücks war nicht als Schenkung von Betriebsvermögen steuerfrei. Denn Sonderbetriebsvermögen ist nur dann schenkungsteuerfrei, wenn es zeitgleich mit dem Anteil an der Personengesellschaft übertragen wird. Anderenfalls ist der Beschenkte kein Gesellschafter (Mitunternehmer) der Personengesellschaft und kann keine Mitunternehmerinitiative ausüben. Ohne Mitunternehmerinitiative ist die Steuerbefreiung aber nicht gerechtfertigt.
Der Anteil an der KG ist nicht bereits am 30.12.2013 übertragen worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anteil erst am 14.1.2014 auf den Kläger übertragen worden ist, weil der Vertrag eine Bedingung enthielt, nach der es auf die Eintragung des Klägers im Handelsregister ankommen sollte. Die dingliche Wirkung sollte jedenfalls frühestens am 1.1.2014 eintreten, so dass der Kläger erst am 1.1.2014 die Gesellschaftsrechte ausüben konnte. Am 1.1.2014 war die Grundstücksschenkung aber bereits vollzogen worden, nämlich schon am 30.12.2013.
Hinweis: Das Urteil wirkt sehr formalistisch, weil zwischen beiden Schenkungen nur ein voller Tag lag, nämlich der 31.12.2013. Der BFH nimmt den Begriff „zugleich“ aber ernst, so dass in der Praxis darauf geachtet werden sollte, dass die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen und Personengesellschaftsanteil am selben Tag erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass die Schenkung einer Immobilie bereits mit der Auflassung und Eintragungsbewilligung erfolgt, sofern der Beschenkte nach den getroffenen Vereinbarungen von der Eintragungsbewilligung Gebrauch machen darf.
BFH, Urteil vom 17.6.2020 – II R 38/17; NWB
Kann ein Arbeitnehmer aufgrund einer beruflich veranlassten...
Kann ein Arbeitnehmer aufgrund einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach Verpflegungspauschalen geltend machen, sind die Verpflegungspauschalen zu kürzen, wenn ihm der Arbeitgeber Mahlzeiten zur Verfügung stellt. Die Kürzung der Verpflegungspauschalen erfolgt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die ihm zur Verfügung gestellten Mahlzeiten nicht einnimmt, ohne dass es auf die Gründe hierfür ankommt.
Hintergrund: Arbeitnehmer können unter bestimmten Voraussetzungen Mehraufwendungen für Verpflegung absetzen, z.B. bei einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit. Der Gesetzgeber gewährt dem Arbeitnehmer hierfür Verpflegungspauschalen, deren Höhe von der Abwesenheitsdauer abhängig ist. Der Gesetzgeber ordnet aber eine Kürzung der Verpflegungspauschalen an, wenn der Arbeitgeber oder ein von ihm beauftragter Dritter dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt; die Kürzung erfolgt dann in Höhe von jeweils 40 % für das Mittagessen bzw. Abendessen und in Höhe von 20 % für das Frühstück.
Sachverhalt: Der Kläger war Berufssoldat und führte einen doppelten Haushalt. Die Bundeswehr stellte dem Kläger in der Kaserne Frühstück, Mittag- und Abendessen zur Verfügung; hierfür musste der Kläger eine Zuzahlung von insgesamt 7,63 € pro Tag leisten (jeweils 3 € für Mittag- und Abendessen sowie 1,63 € für das Frühstück). Der Kläger nahm lediglich das Mittagessen ein, nicht aber das Frühstück und das Abendessen. Der Kläger machte im Streitjahr 2015 für die Tage der doppelten Haushaltsführung 24 € bzw. 12 € pro Tag geltend und zog pro Tag 3 € für das Mittagessen ab. Das Finanzamt erkannte dies nicht an, zog aber die Zuzahlungen des Klägers als Werbungskosten ab.
Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab:
Nach dem Gesetz sind die Verpflegungspauschalen zu kürzen, wenn der Arbeitgeber oder ein von ihm beauftragter Dritter dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt. Im Streitfall hat die Bundeswehr dem Kläger sowohl Frühstück als auch Mittag- und Abendessen zur Verfügung gestellt. Damit erfolgt eine Kürzung um insgesamt 100 %, nämlich um jeweils 40 % für das Mittag- und Abendessen sowie um 20 % für das Frühstück. Die Verpflegungspauschalen betragen somit 0 €.
Die Kürzung erfolgt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die ihm vom Arbeitgeber angebotenen Mahlzeiten nicht einnimmt. Es kommt nicht darauf an, weshalb der Arbeitnehmer die ihm zur Verfügung gestellte Verpflegung nicht einnimmt.
Der Gesetzgeber wollte mit der Kürzung der Verpflegungspauschalen das Veranlagungsverfahren vereinfachen. Es soll daher nicht geprüft werden müssen, ob der Arbeitnehmer die Mahlzeiten tatsächlich eingenommen hat und aus welchen Gründen er ggf. die Mahlzeiten nicht eingenommen hat. Es kommt schließlich auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer dazu verpflichtet war, die ihm zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einzunehmen.
Hinweis: Der BFH schließt sich der Auffassung der Finanzverwaltung an, die die Verpflegungspauschalen kürzt, sobald die Mahlzeiten vom Arbeitgeber gestellt werden, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie auch einnimmt.
Der Kläger konnte zwar keine Verpflegungspauschalen als Werbungskosten gelten machen, wohl aber seine Zuzahlungen.
BFH, Urteil vom 7.7.2020 - VI R 16/18; NWB
Ändert ein gemeinnütziger Verein seine Satzung, wird die Satzungsänderung...
Ändert ein gemeinnütziger Verein seine Satzung, wird die Satzungsänderung erst mit der Eintragung im Vereinsregister wirksam. Daher darf erst auf den Zeitpunkt der Eintragung im Vereinsregister der bisherige Feststellungsbescheid, mit dem die Erfüllung der satzungsmäßigen Voraussetzungen festgestellt worden ist, aufgehoben werden. Eine Aufhebung bereits auf den Zeitpunkt des Beschlusses über die Satzungsänderung ist rechtswidrig.
Hintergrund: Bei gemeinnützigen Körperschaften wird die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen durch einen Bescheid gesondert festgestellt. Hierdurch erhält die Körperschaft, z.B. ein Verein, Klarheit über ihren Gemeinnützigkeitsstatus. Tritt bei den für die Feststellung erheblichen Verhältnissen eine Änderung ein, ist der Feststellungsbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Sachverhalt: Der Kläger ist ein eingetragener und im Jahr 1996 gegründeter Verein, der zunächst im Bereich der Kinder- und Jugendpflege tätig war. Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 18.11.2014 fest, dass die Satzung des Klägers die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. Bereits am 2.9.2014 hatten die Vereinsmitglieder eine Satzungsänderung beschlossen, nach der der Verein nunmehr noch in weiteren Bereichen tätig werden sollte, z.B. auf dem Gebiet der deutsch-polnischen Zusammenarbeit oder der Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Die Satzungsänderung wurde am 26.1.2015 im Vereinsregister eingetragen. Mit Bescheid vom 11.1.2016 hob das Finanzamt den Feststellungsbescheid vom 18.11.2014 mit Wirkung ab 2.9.2014 (Tag des Beschlusses der Satzungsänderung) auf. Der Kläger wandte sich gegen den Aufhebungsbescheid.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt:
Die Aufhebung eines Feststellungsbescheids, in dem die Erfüllung der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit festgestellt wird, setzt eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung erheblich sind, voraus.
Eine Änderung der Verhältnisse aufgrund einer Satzungsänderung tritt erst dann ein, wenn die Satzungsänderung zivilrechtlich wirksam wird.
Für die zivilrechtliche Wirksamkeit ist die Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister erforderlich. Dies erfolgte erst am 26.1.2015 und nicht bereits am 2.9.2014. Damit erfolgte die Aufhebung des Feststellungsbescheids zu früh, da das Finanzamt den Feststellungsbescheid bereits mit Wirkung ab dem 2.9.2014 aufgehoben hat.
Hinweis: Zwar hat der Verein das Verfahren gewonnen. Das Finanzamt wird aber möglicherweise noch prüfen, ob es den Feststellungsbescheid zum 26.1.2015 aufheben kann.
Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist wichtig für die Spender und Mitglieder des Vereins, die Spenden und Mitgliedsbeiträge leisten und anhand des Feststellungsbescheids erkennen können, dass der Verein nach seiner Satzung gemeinnützig ist. Der Feststellungsbescheid betrifft aber nur die sog. formelle Satzungsmäßigkeit, also die Vereinbarkeit der Satzung mit dem steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht. Der Feststellungsbescheid enthält keine Aussage zu der Frage, ob die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins mit der Satzung vereinbar ist.
BFH, Urteil v. 23.7.2020 - V R 40/18; NWB